Digitale Bürgerbeteiligung: Was wünscht Ihr Euch für den Küchengarten?

Das heutige Verkehrskonzept für den Bereich Küchengarten/Ihmezentrum geht größtenteils auf die 1960er Jahre zurück. Jetzt werden neue Ideen für einzelne Flächen gesucht.
Das heutige Verkehrskonzept für den Bereich Küchengarten/Ihmezentrum geht größtenteils auf die 1960er
Jahre zurück. Jetzt werden neue Ideen für einzelne Flächen gesucht.

Das Ihmezentrum ist ein Fremdkörper im Stadtteil geblieben. Eine Ursache sind die riesigen Verkehrsflächen am Küchengarten. Diese unterbinden Nutzungszusammenhänge und räumliche Bezüge zwischen Ihmezentrum und Stadtteil.

Das immer noch gültige Verkehrskonzept ist ein Relikt aus den 1960er Jahren. Die Planer damals hatten die dicke Hose an. Ihr Hauptaugenmerk lag auf den gewaltigen Zuwachsraten des Pkw-Verkehrs. Für diese Erwartungen wurden all die sonst zweispurigen Straßen (Fössestraße, Königsworther Straße, Blumenauerstraße, Elisenstraße) auf dem Küchengarten aufgeweitet, sodass insgesamt 23 Abbiegespuren entstanden sind. Um dem Pkw- Verkehr freie Bahn zu verschaffen, sollte die Stadtbahn unterirdisch verkehren. Fußgänger und Radfahrer wurden auf eine Brücke ins Obergeschoss verlagert.

Aus Kostengründen blieb die Stadtbahn oberirdisch. Die Fußgängerbrücke wurde vor zehn Jahren abgerissen – um Unterhaltskosten zu sparen. Das Resultat: Wieder auf einer Ebene vereint verknoten sich die verschiedenen Verkehrsarten zum Nachteil für alle. Die Zukunftswerkstatt Ihmezentrum hat auf Grundlage der heutigen Verkehrsbelastungen einen Vorentwurf für ein „entknotetes“ Verkehrskonzept vorgelegt (vgl. LINDENSPIEGEL September 2020). Das Konzept zeigt, dass alle Verkehrsarten besser funktionieren können und trotzdem erheblich Verkehrsflächen eingespart werden. Damit ergeben sich große Potenziale für das Zusammenwachsen von Stadtteil und Ihmezentrum. Wie diese Potenziale genutzt werden sollen, wollen Zukunftswerkstatt Ihmezentrum, der Verein Politik zum Anfassen und das Bürgerbüro Stadtentwicklung mit einem neuartigen, hauptsächlich digitalen Bürgerbeteiligungsverfahren ergründen. Bei dem Verfahren soll es nicht um den vor einigen Jahren sehr gelungen gestalteten Küchengartenplatz vor dem TAK gehen. Es sollen Ideen und Vorschläge für folgende Potenzialflächen um den Platz herum gesammelt, diskutiert und abgewogen werden:

Grüner Hügel (1) – die orangefarbene Fläche

Zwischen Elisenstraße und Limmerstraße trennt bislang ein ungenutztes Grundstück Linden Nord vom Ihmezentrum. Es gibt von der Stadtverwaltung einen Bebauungsvorschlag der bislang im Stadtteil nicht vorgestellt oder abgestimmt wurde. Dessen Grundlage ist leider das Verkehrskonzept aus den 1960er Jahren. Mit dem neuen Verkehrskonzept würde die bebaubare Fläche erheblich vergrößert. Im Beteiligungsverfahren sollen Vorschläge für Nutzungen eingesammelt werden, die auf diesem öffentlichen Grundstück sinnvoll sind und die geeignet sind, Zusammenhänge von Stadtteil und Ihmezentrum herzustellen.

Eingang Ihme-Zentrum (2) – die gelbe Fläche

Als das Ihmezentrum geplant wurde, war eine Verknüpfung der öffentlichen Freiflächen am Küchengarten mit der Ihme-Aue das Ziel. Bei der Errichtung wurden dann so viele Läden gebaut und die Anlieferungszone aus dem Untergeschoss in das Erdgeschoss gehoben, dass dieser Zusammenhang komplett verloren ging. Jetzt gibt es einen neuen Investor, der auch bauen will und dabei ist, ein neues Konzept zu entwickeln. Zwischen Ihmezentrum und Küchengarten wird die gelbe Fläche nicht mehr für den Verkehr benötigt. Deshalb kann der Zugang zum Ihmezentrum und der Durchgang zur Ihme-Aue ganz neu gedacht werden.

Fläche im Kreisverkehr (3) – die rote Fläche

Die Verkehrsplaner haben einen Kreisverkehr (rote Fläche – Nr. 3) vorgeschlagen, der den Verkehr wesentlich effektiver verteilt als die zahllosen Abbiegespuren bisher. Dieser Kreisverkehr liegt in der Sichtachse der Limmerstraße, der Blumenauerstraße, der Fössestraße, der Spinnereistraße, der Stephanusstraße und der Haasemannstraße. Für diese Fläche werden Vorschläge gesucht, die eine gute Orientierung bieten und deren Gestaltung gleichzeitig der Identität des Stadtteils Ausdruck verleiht.

Westliche Freifläche – zwischen Fösse- und Rampenstraße

Für diese öffentliche Grünfläche soll ebenfalls nach Ideen gesucht werden, die die Nutzung intensivieren und bisherige Aktivitäten auf dem Platz selbst in die Grünfläche erweitern können.

Eingang Limmerstraße (Waschweiber – Limmerstraße 1)

Zwischen Limmerstraße und Küchengarten kann ein Zebrastreifen die bisherige Ampelschaltung mit elf Ampelphasen ersetzen. Das Gebäude Limmerstraße 1 zeigt zum Übergang vom Küchengarten nur eine Rückseite und verbaut die Sichtbeziehung. Zusätzlich wird der neue Hochbahnsteig seine Barrierewirkung entfalten. Mit dem neuem Verkehrskonzept können die Bushaltestellen an die Stadtbahnhaltestelle heranrücken. Deshalb sollen Möglichkeiten abgewogen werden, wie an dieser Stelle der zentrale Umsteigepunkt für den öffentlichen Nahverkehr so gestaltet werden kann, dass gleichzeitig die Verbindung zwischen Limmerstraße und Küchengartenplatz verbessert wird.

Das Bürgerbeteiligungsverfahren wird coronagerecht hauptsächlich in einen digitalen öffentlichen Raum verlagert. Der Verein Politik zum Anfassen hat mit Place M eine App entwickelt, die einen sehr einfachen Zugang zu Vorschlägen und Hintergrundinformationen für die einzelnen Potenzialflächen ermöglicht. Ganz neu ist die direkte Verknüpfung des Ortes mit dem Beteiligungsangebot. Im Bereich des Küchengartens werden QR- Codes ausgehängt oder mit Handzetteln verteilt. Dieser Code kann mit dem Mobiltelefon eingelesen werden. So wird datenschutzkonform und – wenn gewünscht – völlig anonym der Zugang zum digitalen, öffentlichen Raum hergestellt. Nutzende können noch auf dem Platz selbst spontan über eingereichte Ideen abstimmen, Verbesserungsvorschläge einbringen, Fotos, Filme oder Bedenken und Anregungen hinterlassen. Wer sich vertieft informieren will, wird zu Videos, Plänen, Texten, Zeitungsartikel und Hintergrundinformationen zur Geschichte des Küchengartens, des Ihmezentrums oder zum neuen Verkehrskonzept verlinkt. Verschiedene Administratoren sorgen für die Sichtung und übersichtliche Darstellung der eingereichten Beiträge. Im Februar wird es eine eigene Bezirksratssitzung über den Küchengarten geben. Diese Veranstaltung kann aufgrund der Pandemie nur mit eingeschränkter Personenzahl stattfinden. Die Teilnahme am digitalen Beteiligungsverfahren über Place M ermöglichst es, dass trotzdem viele Ideen, Vorschläge und Stellungnahmen einfließen können. So kann aus dem Stadtteil gemeinsam eine neue und bessere Planungsgrundlage für den Küchengartenbereich geschaffen werden.

Infos zum Beteiligungsverfahren

Lindenspiegel 01-2021 – Gerd Runge

Bildnachweis: Lindenspiegel - Grafik: Runge