Westschnellweg – erste Planungsschritte für umfassenden Umbau

Westschnellweg B6
Westschnellweg B6 Richtung Deisterplatz

Am gestrigen Abend gab es eine Sondersitzung des Stadtbezirksrates Linden-Limmer. Das einzige relevante Thema auf der Tagesordnung war der Westschnellweg. Dazu waren mehrere Mitarbeiter der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr vor Ort, um erste Planungen im Rahmen einer Präsentation der Öffentlichkeit vorzustellen. Für die Planungen und Bau dieser Bundestraße ist die Landesbehörde vom Bund beauftragt, das Bundesverkehrsministerium ist letztlich der Geldgeber.

Ist Situation – Brücken sind marode

Der etwa 4 Kilometer lange Westschnellweg zwischen Herrenhausen und dem Deisterplatz wurde Mitte der 50er Jahre gebaut. Übrigens, der Deisterplatz fällt unter die Zuständigkeit der Landeshauptstadt Hannover und nicht die des Bundes oder Landes. Insgesamt umfasst dieser 14 Bauwerke / Brücken, die alle in den kommenden Jahren erneuert werden müssen, da sie zwischen 60 und 80 Jahre alt sind. Alle 3 Jahre findet eine fachkundige Prüfung vor Ort statt, dabei ist der besonders schlechte Zustand der Schwanenburgbrücke und der Brücke über die Davenstedter Straße aufgefallen. Dort sind bereits Risse durch Überlastung sichtbar.
Die besonders marode Schwanenburgbrücke hat derzeit nur noch eine Restnutzungsdauer bis 2023, eine in wenigen Tagen geplante Sonderuntersuchung soll genaue Erkenntnisse über den aktuellen Zustand bringen. Gegebenenfalls müsste es eine Kompensation geben, wobei eine reguläre, aber vorgezogene Planung der Brücke möglich wäre. Denkbar ist auch, auf der Brücke ein Abstandsgebot für schwere Fahrzeuge einzuführen.

Tauschprojekt für Lindener Bürger – Fläche gegen Lärmschutz

Nach Ansicht der Landesbehörde bestehen derzeit Defizite im Querschnitt und teilweise an den Ein- und Ausfahrten an den Anschlussstellen. Die Fahrbahnen waren ursprünglich für schmalere Autos und weniger Schwerlastverkehr ausgelegt worden. Derzeit gibt es eine Fahrbahnbreite zwischen 17-18 Meter. Diese soll künftig auf eine Mindestbreite von 21 Meter verbreitert werden. Zwischen den Fahrbahnen soll es dann einen durchbruchsicheren, 2,5 Meter breiten Mittelstreifen geben. Zusätzlich sollen die Fahrspuren noch verbreitert werden. Da der Westschnellweg über eine hohe Anschlussdichte verfügt, ist nicht unbedingt ein Standstreifen notwendig. Aber ausschließen wollen es die Planer in der derzeitigen Phase noch nicht.
Im Tausch gegen für die Verbreiterung benötigte Fläche würde der Schnellweg endlich einen Lärmschutz erhalten. Außerdem soll die Schwanenburgbrücke barrierefrei werden, auch eine Berücksichtigung verbesserter Rad- und Gehwege ist vorgesehen. Zusätzlich wäre ein Radweg neben dem Schnellweg am Lindener Berg sinnvoll, auch dazu gibt es aktuell Überlegungen.

Schwieriger Ausbau am Lindener Berg

Als der Westschnellweg damals durch den Von-Alten-Garten und den Lindener Berg gebaut wurde, gab es dort bereits eine Wohnbebauung. Beispielsweise gibt es in der Straße Am Steinbruch Häuser, die fast an der heutigen Schnellweggrenze stehen. Nach Angaben dortiger Anwohner hat bereits die derzeitige Verkehrssituation dazu geführt, dass Risse in den Häusern entstanden sind. Daher ist eine Straßenverbreiterung an dieser Stelle kaum vorstellbar.

Drei mögliche Varianten

Für die rund 1,4 Kilometer lange Strecke zwischen Deisterkreisel und Schwanenburgbrücke können sich die Planer derzeit drei Varianten vorstellen:

  1. In diesem Fall würde die derzeitige Streckenführung bestehen bleiben, alle Brücke würden neugebaut zusätzlich würde es eine Verbreiterung geben.
  2. Hierbei würde es einen Neubau eines „langen“ Tunnels (1620 Meter) zwischen Am Lindener Berg und der Anschlussstelle Linden-Nord geben. Die restliche Strecke (150 Meter) verliefe oberirdisch.
  3. Bei der Version „kurzer“ Tunnel würde ein etwa 1040 Meter langer Tunnel zwischen Am Lindener Berg und der Anschlussstelle Linden-Mitte entstehen, die restliche Strecke (730 Meter) verliefe oberirdisch.

Für eine Kostenschätzung würden die „Tunnelvarianten“ im Faktor 2-3fach gegenüber der oberirdischen Variante (in Abhängigkeit der Variantenlänge) teurer sein.

Städtebauliche Möglichkeiten

Sofern die Entscheidung für einen untertunnelten Westschnellweg (Punkt-Linden berichtete mehrfach darüber) fallen würde, würde es neue städtebauliche Möglichkeiten geben. Die bestehende „Sperre“ zwischen Linden-Nord und Limmer (beim langen Tunnel) würde entfallen, denkbar wären neben neuen Grünflächen, auch zusätzliche Flächen für eine Wohnbebauung.
In diesem Fall müsste sich die Stadt Hannover an den Baukosten beteiligen, in der Höhe der Grundstückskosten für den Flächengewinn, der durch den Tunnel entsteht.

Nachteil Tunnel

Während der langen Bauphase, müsste der Grundwasserspiegel abgesenkt werden. Für Anlieger und Kleingärtner könnte das eine schwierige Zeit bedeuten.

Flora & Fauna

Bereits im Jahr 2020 hat eine faunistische Erhebung im angrenzenden Gebiet stattgefunden. Als Grundlage für erforderliche Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, beispielsweise Ersatzquartiere. Artenschutzrechtliche Leit- und Sperreinrichtungen, bspw. Kollisions- und Irritationsschutzwände wurden dabei berücksichtigt. Im Rahmen der Erhebung wurden ca. 9 verschiedene Fledermausarten im Bereich der Fösse festgestellt. Außerdem waren Fraßspuren vom Biber im Bereich der Schwanenburgbrücke gesichtet.

So soll es weitergehen

Derzeit ist die Phase einer ergebnisoffenen Variantenfindung. Zunächst werden folgende Punkte berücksichtigt werden: Flächeninanspruchnahmen, Eingriffsminimierungen, Bauzeitliche Verkehrsführungen, Kosten und präventive Planung von Behelfsbauwerken.

Von Seiten der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr soll es in jeder Phase Transparenz und eine intensive Öffentlichkeitsarbeit geben. Außerdem soll eine Einbindung der Akteure (insbesondere Bundesverkehrsministerium, Niedersächsisches Wirtschaftsministerium, Landeshauptstadt Hannover) geben. Auf der anderen Seite sollen Bürger*innen, Stadtbezirksrat, Vereine und Organisationen wie ADFC und BUND mit eingebunden werden.

Fertigstellung

Derzeit stehen folgende Zeiträume für Planung und Bau auf der Agenda:

  • 2022-2023 Variantenfindung und Vergleich
  • 2024-2025 Ausarbeitung und Entwurf
  • 2026-2027 Planfeststellungsverfahren
  • 2028-2030 Ausführungsplanung, Bauvorbereitung, Ausschreibung und Vergabe, Baudurchführung

Download
Für Interessierte steht hier die Präsentation der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr zum Download vom Punkt-Linden Server bereit.

Bildnachweis: Ralf Borchardt