
Punkt-Linden: Was gibt es Neues zu den Lindener Brücken über die Leine?
Daniel Gardemin: Die Bauverwaltung ist mit der Nachricht auf uns zugekommen, es habe sich kein Unternehmen gefunden, die Dornröschenbrücke als Einschubvariante im geplanten Kostenrahmen zu bauen. Einschub hätte bedeutet, die neue Brücke wird neben die bestehende Dornröschenbrücke gestellt, dann wird abgerissen und anschließend die neue Brücke an die Stelle der alten geschoben. Das ist jetzt vom Tisch, es soll jetzt Abriss und anschließend Neubau in Stahlbeton erfolgen. Das sei zudem günstiger. Allerdings kommt der Neubau jetzt erst 2027 und niemand weiß, ob die alte Dornröschenbrücke so lange hält.
Punkt-Linden: Wie bewertest Du, dass es jetzt doch keine Behelfsbrücke an der Dornröschenbrücke geben soll?
Daniel Gardemin: Die Bauverwaltung geht davon aus, dass der Umleitungsverkehr über die Schwanenburgbrücke – also entlang des Westschnellweges und über die Justus-Garten-Brücke zwischen Faust und Calenberger Neustadt – genug Platz hat. Meines Erachtens ist das ein Wunschdenken, denn die Justus-Garten-Brücke an der Faustwiese ist jetzt schon so voll, dass es Konflikte gibt und an Wochenenden manchmal gar nichts mehr geht. Zählungen haben ergeben, dass jährlich zwei Millionen Querungen über die Justus-Garten-Brücke erfolgen.
Punkt-Linden: Was ist von der Idee, einer weiteren Brücke im Bereich Faust zu halten?
Daniel Gardemin: Meine erste Frage im Bauausschuss an das Baudezernat war, ob nicht das überzählige Geld, das jetzt mit der Stahlbetonbrücke gespart wird, in eine parallele neue Brücke neben der bestehenden Justus-Garten-Brücke gesteckt werden kann. Dann könnte die alte Brücke für den Radverkehr und die neue für den Fußverkehr gewidmet werden. Konflikte würden damit minimiert, es entstünde mehr Kapazität und die Mobilität in Linden wäre an Leine und Ihme auf Zukunft gestellt. Die Antwort war leider: Geht nicht, die Ihme ist zu breit beziehungsweise das Geld zu knapp. Man wolle aber am Strandleben eine Entlastungsbrücke über die dort schmalere Leine bauen. Das finde ich prinzipiell nicht schlecht, da hier eine Lücke im flussbegleitenden Radweg geschlossen wird. Es hilft aber während der Bauzeit der Dornröschenbrücke überhaupt nichts. Daher meine ich, dass für die Bauzeit zumindest für Mobilitätseingeschränkte mehr angeboten werden muss. Ich hatte ja 2021 bereits eine Anfrage zu einer Fährverbindung gestellt. Auch wenn damit nicht viele Menschen transportiert werden können, könnte zumindest einigen geholfen werden.
Die Fähre muss ja nicht am Fährmannsufer übersetzen, wo es früher über die Ihme eine Seilfähre gab. Sie könnte westlich der Dornröschenbrücke über die Leine schippern, dann hätte auch die Gaststätte Dornröschen etwas davon, die ansonsten ein Jahr vom Publikum abgehängt wäre.
Punkt-Linden: Wie realistisch erscheint Dir die aktuelle Zeitplanung?
Daniel Gardemin: Im Herbst 2026 anfangen zu wollen und Ende 2027 fertig zu sein, das halte ich für sportlich. Ich weiß aber, dass die Bauverwaltung das Bauvorhaben gewissenhaft betreibt, denn die Dornröschenbrücke rostet von innen weg. Wenn es letztlich doch auf 2028 zusteuern sollte, könnte eine Fähre durchaus eine sinnvolle Hilfestellung sein. Denn auch die Schwanenburgbrücke bröckelt, die ja eigentlich einen Teil des Umleitungsverkehrs übernehmen soll.
Ohne die Schieberei werden wahrscheinlich weniger Bäume gefällt werden müssen.
Was auf jeden Fall vermieden werden sollte: Dass zeitgleich die Dornröschenbrücke gesperrt ist und der Bau der Hochbahnsteige erhebliche Einschränkungen oder Ersatzverkehr auf der 10 bedeutet. Ich hoffe, das hat jemand bei der Planung auf dem Schirm.
Laut Üstra sollen die Hochbahnsteige „Leinaustraße“ und „Am Küchengarten“ bis Ende dieses Jahrzehnts errichtet werden. Vorher sind andere dran. Überschneidungen mit dem Neubau der Dornröschenbrücke sind daher unwahrscheinlich. Ich gebe indes die Hoffnung nicht auf, dass die Üstra auf den Blödsinn in der Limmerstraße verzichtet.
Ein geplanter Kostenrahmen von öffentlichen Bauvorhaben hat selten etwas mit der Wirklichkeit zu tun. Die Planer müssen sich meistens an Zahlen orientieren, die Ihnen Halbwissende als Obergrenze gestellt hatten. Solange die Vergabe von Bauleistungen Schritt für Schritt erfolgt und mit den Bauarbeiten bereits begonnen wurde, ist das kein Problem. Die Mehrkosten werden anstandslos gebilligt. In diesem Fall weiß die Stadtverwaltung von vornherein, dass die Kosten deutlich höher ausfallen werden, weil es sich um eine Gesamtleistung handelt. – Mein nicht ernst gemeinter Vorschlag: Die Üstra leistet Amtshilfe, indem sie auf den Bau der dusseligen Hochbahnsteige in der Limmerstraße verzichtet und das gesparte Geld für den ursprünglich geplanten Brückenbau zur Verfügung stellt.
Zumindest eine Reduzierung auf 1 Hochbahnsteig auf Höhe der „Toblerone“ und Nutzung der bisherigen Haltestellen als Bushaltestellen wäre eine Überlegung wert.
Ja, das wäre das kleinere Übel. – Die Üstra hat in den Neunzigerjahren eine Fehlentscheidung getroffen, die sie ohne Rücksicht auf die Nachteile konsequent durchzieht. Meines Wissens gibt es keine einzige deutsche Stadt, die sich für eine flächendeckende Ausstattung ihrer Stadtbahnen mit Hochbahnsteigen entschieden hat. Die meisten setzen auf Hochborde. Die kosten fast nix und verursachen keine Wartungskosten.
So marode kann die Dornröschenbrücke ja nicht sein, wenn man weiterhin zulässt, dass sich regelmäßig große Gruppen zum Feiern auf der Brücke treffen. ..
Wenn schon 2 000 000 Überquerungen jährlich ein Problem sind ( also theoretisch alle 5 Minuten 38 Menschen auf 12 Stunden gerechnet) wie sieht es dann am Wochenende aus, wenn die Last noch größer ist?
Es wäre dann wohl unausweichlich, die Nutzung der Brücke jetzt schon zu reduzieren, damit nicht noch vor dem Neubau etwas passiert, so wie in Dresden.