Linden – von einer selbstständigen Stadt zu einem hannoverschen Stadtteil
Linden und Hannover: Passt das überhaupt zusammen? Viele LindenerInnen würden heute – mehr oder weniger ernst – sagen: Nein! Einer der besten Linden-Kenner, der Lindener Politologe Bernd Rabe, beschrieb 1984 in seinem Linden-Buch das frühere Verhältnis zwischen Linden und Hannover mal so: „Lindener galten dem restlichen Hannover als derb zupackend, keiner Schlägerei abgeneigt, Unruhestifter, alkoholerfahrene Kneipengänger, hart aber herzlich und allem ´Schöngeistigen´“ abgeneigt. Solche Einschätzungen hielten sich bis in die Nachkriegszeit und gipfelten in Warnungen von Eltern an ihre Töchter, ´mit solchen Jungs bloß nicht anzubandeln ´.“ Die Zeiten ändern sich. Vermutlich wären heute viele LindenerInnen froh, wenn die Töchter und Söhne von hannoverschen Eltern die Ihme nicht überqueren und die Limmerstraße nicht zur Partymeile machen würden. Darüber wird ja gerade diskutiert.
Oft gab und gibt es Streit zwischen der „roten Arbeiterhochburg“ Linden und der ehemals herrschaftlichen Residenzstadt Hannover. „In Linden ist nichts zu finden“, sagten die Hannoveraner (früher). Den meist alternativen Lindenern ist andererseits Hannover zu langweilig und zu spießig.
Linden ist eigentlich sowieso eine eigene Stadt mit immerhin fast 40.000 EinwohnerInnen, als Stadtbezirk mit Limmer sogar über 45.000. Trotzdem, Tatsache ist: Seit dem 1.1.1920 gibt es eine eigenständige Stadt Linden nicht mehr, sondern Linden ist Teil von Hannover. Seit hundert Jahren also. In Linden spricht man gerne von „Vereinigung“, die Begriffe Vereinigung und Eingemeindung geraten allerdings gelegentlich durcheinander. So oder so, es ist ein historisch wichtiges Datum. Ist das ein Grund zum Feiern oder zum Trauern? Und wenn ja, für wen?
Wegen der Corona-Pandemie sind von uns geplante Veranstaltungen zum Jubiläum über Planungen nicht hinaus gekommen und verschoben/abgesagt worden. Mein Eindruck: Es scheint auch nicht (mehr) von so großem Interesse zu sein. Entweder, weil es Keiner weiß oder weil es für die meisten Normalität und gut so ist?
In diesem Artikel geht es erst einmal darum, wie es zur Vereinigung 1920 kam.
Überraschend ist vielleicht für eingefleischte Lindener, dass die meisten Versuche zur Vereinigung nicht von Hannover, sondern von Linden ausgingen. Linden wollte die Vereinigung. Das ist allerdings hundert Jahre her. Bis zur Weimarer Zeit mit den geänderten politischen Verhältnissen und Mehrheiten wollte Hannover jedoch Linden nicht haben.
In einem Aufsatz aus dem Jahre 1993 schrieb Klaus Mlynek, einer der besten Historiker Hannovers, von einer fast unendlichen Geschichte der Eingemeindung.
Unser im April verstorbener Lindener Butjer Horst Deuker schrieb in einem Aufsatz, in dem er die Magistratsvorlage der Stadt Hannover vom 31.10.1919 mit dem Titel „Betr. Vereinigung der Städte Hannover und Linden“ auswertet, davon, dass Hannover zu Beginn des 19. Jahrhunderts versuchte, in Linden Fuß zu fassen. Ein hochrangiger Mitarbeiter des Herzogs von Cambridge schrieb demzufolge lt. Zitat von Georg Hoeltje (1964) in einer Denkschrift vom 24.5.1817: „Nur durch die Einverleibung des benachbarten Linden (kann) Hannover ein Ort von Bedeutung werden. Je näher die Stadt (Hannover) daher der Ihme gebracht werden kann, umso mehr wird man sich dieser Vereinigung nähern.“
Dabei ging es um den Bau eines städtischen Hafens an der Ihme. Hannover nahm davon aber Abstand und wollte sich dann statt nach Westen mehr nach Nordosten entwickeln.
1827 gab es dann einen ernsthaften Versuch Hannovers sich mit Linden zu beschäftigen. Hannover suchte ein Grundstück für den Bau eines Krankenhauses möglichst an der Stadtgrenze und möglichst an einem Fluss. Man verhandelte darüber mit der Lindener Adelsfamilie von Alten und dachte auch über den Kauf des gesamten von-Altenschen Gutes nach. Dies hätte mehr oder weniger eine Eingemeindung Lindens zur Folge gehabt. Die Verhandlungen über das Grundstück scheiterten 1827 und auch 1836 an den zu hohen finanziellen Forderungen. Stattdessen kaufte Hannover ein kleineres Gartengrundstück an der Ihme von einer anderen Familie. Hier entstand das Hannoversche Krankenhaus, die spätere Hautklinik. Das waren die wenigen Aktivitäten seitens Hannover zu einem Anschluss Lindens.
Danach gingen alle Vereinigungsversuche von Linden aus.