Entscheidung Verwaltungsgericht über Kioskverkauf nach 22 Uhr

Verwaltungsgericht HannoverHeute (28.09.2022) hatte sich das Verwaltungsgericht Hannover in einem Gerichtsverfahren mit dem Kioskverkauf von alkoholischen Getränken nach 22 Uhr an der Limmerstraße zu beschäftigen.

Das grundsätzliche Geschäftsmodell eines Kiosks liegt darin, für Kunden aus der nahen Umgebung den kleinen Einkauf von Getränken, Zeitungen, Zigaretten und Süßigkeiten für Kunden zu ermöglichen. Früher war das häufig in der Zeit vor und nach Schließung von Supermärkten. Heute haben diese selbst lange geöffnet, sodass sich Kioskbetreiber andere Nischen suchen mussten oder die Geschäfte aufgegeben haben. Manche bieten Dienstleistungen als Paketshop an, rund um die Limmerstraße wird auch offenes Bier im Becher ausgeschenkt.

Wir alle kennen die Problematik rund um das Limmern, auf dem Küchengartenplatz, am Velvetplatz und der Dornröschenbrücke. Früher trafen sich dort am Abend einheimische Lindener auf ein Kaltgetränk, heute sind dort vermehrt auswärtige Besucher unterwegs, die vielfach wenig Rücksicht auf die Bewohner nehmen. Das führt zu wilden Hinterlassenschaften und einer erheblichen Lärmbelästigung. Die Stadtverwaltung, die Region und auch die Polizei versuchen mit allerlei Maßnahmen, etwas mehr Ordnung, Sauberkeit und Ruhe in unser Viertel zu bringen.

Beispielsweise ist die Region für den anlagenbezogenen Immissionsschutzrecht zuständig. Dieses bezieht sich beispielsweise auf den Lärm von Betrieben beziehungsweise von deren Besuchern. Zu solchen Betrieben gehören auch Kioske. Beschweren sich häufiger Anwohner bei der Region über zu laute Kunden, kann es passieren, dass dieser Betrieb zeitweise keine alkoholischen Getränke mehr verkaufen darf. Diese Auflage haben 2020 mehrere Kioske auf der Limmerstraße erhalten. Unter anderen war davon Gül’s Kiosk an der Limmerstraße 52, in Höhe der Straßenbahnhaltestelle Leinaustraße betroffen. In den Monaten April bis Oktober in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr dürfen diese seitdem kein Bier und andere alkoholischen Getränke mehr verkaufen. Bei zwei Kontrollen in 2020 stellten Regionsmitarbeiter fest, dass trotzdem nach 22 Uhr alkoholische Getränke verkauft wurden. Dafür verhängte diese zwei Bußgelder, einmal in Höhe von 2000 €, im zweiten Fall waren es gleich 4000 €. Gegen das zeitweilige Verkaufsverbot zogen die Besitzerfamilie vor Gericht. Denn der Verkauf von alkoholischen Getränken macht nach Angaben ihres Rechtsanwaltes rund 30 % des Geschäftsumsatzes aus.

Klage gegen die Region zurückgezogen

Nach Punkt-Linden vorliegenden Informationen haben 2020 insgesamt vier Kioskbetreiber an der Limmerstraße ein Verkaufsverbot für Alkohol nach 22 Uhr erhalten. Hingegen dürfen andere Kioske rund um die Limmerstraße und den angrenzenden Nebenstraßen diesen weiterhin ohne Einschränkung verkaufen. Insbesondere der Rewe Supermarkt profitiert erheblich von den spät Abends-Feiernden. Hier klingelt Montag bis Samstag bis Mitternacht fleißig die Kasse. Daher ist es aus Sicht der Betreiberfamilie von Gül’s Kiosk unverständlich, dass ausgerechnet ihr Geschäft sanktioniert wurde. In der Argumentation ihres Rechtsanwaltes ist die Lärmimmission nicht einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen, sondern ein allgemeines Problem der Limmerstraße. Auch der Hinweis auf benachbarte Gastronomie und dem Apollo-Kino halfen in der Argumentationskette nicht. Die Richter am Verwaltungsgericht Hannover sehen dies anders. Denn besonders der offene Bierausschank führt dazu, dass Kunden dieses auch in unmittelbarer Nähe des Ausschank-Ortes verzehren.
Die Vertreter der Region als Beklagte zogen als Beispiel eine Sperrzeitanordnung aus dem Jahr 2017 gegen die Außenbewirtschaftung des „Centrum“ am Lindener Marktplatz. Auch dort waren Besucher vielfach zu laut, aufgrund dessen schritt die Region mit einem Verbot ein.
Am Ende der heutigen Verhandlung ließ der Richter durchblicken, dass die Klage gegen das Verkaufsverbot wahrscheinlich abgelehnt werden würde. Darauf berieten Rechtsanwalt und der Kioskbetreiber die Sachlage und zogen ihre Klage zurück.

Kommentar:
Der Richter führte in der Gerichtsverhandlung aus, dass die rechtlichen Hürden für ein generelles Alkoholverbot sehr hoch sind. Die Region kann im Rahmen des Immissionsschutzes immer nur gegen einzelne Betriebe vorgehen. Für Lärmbelästigungen ist hingegen die Polizei zuständig. Somit könnten genervte Anwohner möglicherweise mit häufigen Beschwerden bei der Regionsverwaltung erreichen, dass der Alkoholverkauf einzelner Kioske und Supermärkte aufgrund einer Lärmbelästigung zeitweise, wie diesem Fall nach 22 Uhr, untersagt wird.
Im vorliegenden Fall hat es einen Kleinunternehmer getroffen, der neben dem laufenden Umsatzausfall nun auch noch die Verfahrenskosten tragen muss. Eine Gesamtlösung für den Stadtteil Linden-Nord bringt so eine Insellösung jedoch nicht.

Bildnachweis: Stefan Ebers