Wein-, sekt- und bierernster Vorschlag der DKP Hannover für die Limmerstraße
Der Stadtteil Linden hat, wie jeder Stadtteil, seinen eigenen Charakter. Linden, eine ehemalige Industriestadt, ist durch eine lange Tradition der Arbeiterbewegung geprägt. Durch Zuwanderung vieler ausländischer Arbeitskräfte seit den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts ist die Bevölkerung, was ihre geografische Herkunft angeht, vielfältig zusammengesetzt. Es gehört zu den positiven Besonderheiten, dass sich hier zwischen den Menschen verschiedener Herkunft über Jahrzehnte ein soziales Klima guten Zusammenlebens entwickelt hat. Linden ist dementsprechend kulturell vielfältig, verfügt, gemessen an anderen Stadtteilen Hannovers, über eine gute soziale Infrastruktur und facettenreiche Gastronomie. Kurz gesagt leben in Linden ganz normale Leute mit einem etwas speziellen Einschlag. In den vergangenen zehn Jahren ist Linden zu einem Gebiet geworden, in dem sich die sogenannte Gentrifizierung bemerkbar macht. Menschen aus den „urbanen Mittelschichten“, mehr oder minder betucht, finden Linden chic und hip und wollen hier wohnen.
Diese Erkenntnis machte Linden auch für Investoren (Stichwort „Luxussanierungen“) und für Spekulanten interessant. Dieser Prozess treibt die Mietpreise in die Höhe und verdrängt die Bevölkerung, die wir oben die ganz normalen Leute genannt haben. In den besagten „urbanen Mittelschichten“ leistet frau und mann sich gerne einen ökologisch-schicken Lifestyle. Diese Milieus kultivieren ihre hippe Lebensart und empfinden die ganz normalen Leute, auch Lindens „Ureinwohner“ genannt, eher als malerische Hintergrundkulisse.
Party muss sein
Gerade angesichts der nun über ein Jahr andauernden sogenannten Coronabeschränkungen ist das Bedürfnis nach Geselligkeit groß. Das betrifft die Feier mit Freunden und Verwandten in den eigenen vier Wänden, im Hof des Hauses oder auch im Garten. Dazu gehören auch Straßenfeste, Schützenfeste oder größere Parties. In den Sommermonaten gemeinsam draußen zu grillen und zu feiern, ist ein Teil der Alltagskultur. Wie das konkret aussieht, ist eine Frage des sozialen Milieus, der „Szene“, des Lebensalters, aber auch des Geldbeutels. Gerade für jüngere Menschen, die sich in der Ausbildung oder im Studium befinden, ist es ebenso wie für die wachsende Zahl an Geringverdienern ein legitimes Interesse, auch kostengünstig zusammenkommen zu können oder gemeinsam zu feiern. Selbst wenn die Lindener Clubs und die immer teurer werdenden Kneipen also geöffnet haben, spielt sich ein großer Teil der Geselligkeit auf den Straßen, Plätzen und Grünflächen ab.
Sauftourismus in Linden muss nicht sein
Im Verlaufe der letzten sieben Jahre hat hat sich rund um die Limmerstraße ein regelrechter Sauftourismus in Linden herausgebildet. Vorwiegend jüngeres Publikum reist an, Bier bringt man gern kistenweise mit oder holt es sich frischgezapft am Kiosk, Wodka flaschenweise beim Supermarkt. Und dann geht’s ab. Warum auch nicht. Aus Sicht der ganz normalen Leute ist das Vergnügen am Partyleben auf den Straßen aber nicht ungeteilt. Irgendwann, bei aller Toleranz und Akzeptanz der Lindener Umsonst-und-draußen-Straßenkultur, möchte mann und frau nämlich des nachts ein Auge zu tun.
Auch die Partyrückstände sind nicht sonderlich spaßig: Bergeweise Flaschen, Dosen, Einwegverpackungen, von Piss- und Kotzlachen mal ganz abgesehen. Das Fahrradfahren durch die Scherben am nächsten Morgen wird zum teuren Spaß, das Gassigehen für Hundepfoten gefährlich. Es gibt ja auch Kinder, die auf Gehwegen oder auf Spielplätzen spielen.
SPD und Grüne dürfen sich auf die Schultern klopfen. Sie haben einen satten Anteil an der Förderung des Sauftourismus in Linden. Schon 2007 hatte die SPD im Rathaus die Stadtverwaltung nach der Bilanz der städtischen Sommerfeste befragt und die Bedeutung in Bezug auf den Städtetourismus als Wirtschaftsfaktor hervorgehoben. Dazu passt, dass der Sauftourismus in Linden-Nord von der Stadtverwaltung als Teil der Tourismuswerbung mittlerweile international beworben wird: „Studenten, Akademiker, Lebenskünstler, Originale, für alle ist die Straße fast ein Wohnzimmer. Kneipen, Cafés, Kioske und Restaurants finden sich an jeder Ecke, die Locations Béi Chéz Heinz, Café Glocksee und Kulturzentrum Faust sind das Partydreieck.“ Zudem vergibt die Stadt seit 2018 Schanklizenzen an Kioske, die gezapftes Bier und Cocktails to go anbieten dürfen, ohne eine Kundentoilette vorweisen zu müssen. Das gleiche gilt für die Supermärkte, die nur profitieren und keinerlei Verpflichtung oder Kosten auferlegt bekommen. Darin drückt sich genau die Haltung aus, die sozialen Interessen der mehrheitlichen Wohnbevölkerung zu ignorieren und die Anwohner eher als malerische Hintergrundkulisse des „hippen“ Partybetriebs wahrzunehmen. Bei Herrn Gardemin, Fraktionsvorsitzender der „Grünen“ im Rat, hört sich das dann so an: „,Limmern‘ macht Spaß, bringt Menschen zusammen und hat Linden zu einem most amazing place to visit gemacht“. Klar, wenn man genügend Rückzugsraum, sprich große Wohnung oder Haus, und alternativ begrünten Hinterhof zur privaten Nutzung hat, ist eben „alles easy“. Mit solchen „spaßigen“ Sprüchen ist das Problem aber nicht aus der Welt. Der vorläufige Höhepunkt dieser dummdreisten Politik, die Lasten des Partybetriebs auf die normale Wohnbevölkerung abzuwälzen, ist der aktuelle Versuch der „rotgrünen“ Ratsmehrheit, die Kosten für die Beseitigung des Partymülls den Anwohnern auf’s Auge zu drücken. Über einen durchsichtigen Trick – Erhöhung der Reinigungsintervalle im Partyrevier – sollen die Anlieger die Kosten für die Beseitigung des Partymülls per Gebührenbescheid bezahlen. Das betrifft erstmal die Hauseigentümer; die können die erhöhten Gebühren dann als Nebenkosten auf die Mieter abwälzen.
Ein Wort zur CDU: Die CDU hat sich zum Sprecher der Anlieger gemacht, die von dieser speziellen Gebührenerhöhung besonders betroffenen sind. So weit, so gut. Allerdings wäre die Position der CDU glaubwürdiger, wenn sie im September 2020 im Rat nicht ebenfalls der Erhöhung der Straßenreinigungsgebühren zugestimmt hätte. Der Beschluss besagt nämlich, dass die Reinigungsgebühren von 2020 zu 2021 sich im „Standardfall“ um fast 9 Prozent erhöhen werden und dann für drei Jahre auf diesem Niveau bleiben sollen.
Besagter Herr Gardemin hat 2017 immerhin die wahren Zusammenhänge, die „rotgrün Hannover“ nun unter den Teppich kehren möchte, rausposaunt: „Jährlich rund eine Million Linden-Gäste sind ein Imagefaktor für die ganze Stadt Hannover und ein ordentlicher Batzen für den Kämmerer.“ Hier trapst die sprichwörtliche Nachtigall: Bevor, wie man hofft, der Sauftourismus wieder anläuft, soll die Sache noch schnell über die Bühne gebracht werden. Eine Million „Linden- Gäste“ machen eben Dreck und die Anlieger sollen löhnen. Dabei ist es doch wohl selbstverständlich, dass der Kämmerer von seinem „ordentlichen Batzen“ auch die Reinigungskosten bezahlen muss! Und wenn wir schon dabei sind: Es dürfen ruhig ein paar mehr Sanitäranlagen sein als zwei öffentliche Toiletten!
Rat und Stadtverwaltung haben seit mehr als dreißig Jahren das Maschseefest zu einem bombastischen, überdimensionierten Event hochgejubelt. Hier verdienen sich mit Unterstützung durch die öffentliche Hand ein paar Großgastronomen jährlich eine goldene Nase. Mit tausenden von meist sehr jungen, engagierten und klassischerweise miserabel bezahlten Hilfskräften wird hier eine Sause aufgezogen, auf der „Sehen und gesehen werden!“ immer mehr zur Devise wird. Die Preise für Getränke und Speisen sind völlig überzogen. Der normalen Gastronomie, vor allem den Kneipen, werden zehntausende von Gästen entzogen, so dass sich der Betrieb in der Zeit, in der das Maschseefest läuft, kaum noch lohnt.
Angesichts dieser Fehlentwicklung liegt es nahe, in anderen Stadtteilen kostengünstige Möglichkeiten zu organisieren, um in den Sommermonaten gemeinsam draußen zu feiern und dabei gleichzeitig Linden von dem ausufernden Partybetrieb zu entlasten. So könnte es klappen: In einigen weiteren Stadtteilen werden von der Stadt Hannover Kommunale Partybereiche eingerichtet, die im Wechsel für den sommerlichen Wochenendpartybetrieb genutzt werden können!
Klar, dafür braucht man Infrastruktur: ordentliche Sanitäranlagen, mobile Notfallambulanz, überdachte Sitzmöglichkeiten, da wo es der öffentliche Nahverkehr nicht hergibt, Shuttlebusse. Und wenn die Party vorbei ist, macht Aha sauber. Und wer soll das bezahlen? Die Stadt Hannover hat Millionen übrig, um Flaniermeilen wie die Schmiedestraße zu bauen, den Umbau des Steintorplatzes zu finanzieren, das Schloss Herrenhausen und die KunstFest- SpieleHerrenhausen für die oberen Zehntausend herzurichten. Beispiele wie diese zeigen, dass es an Geld nicht fehlt. In „Coronazeiten“ haben wir gelernt, dass die Behörden Verordnungen zusammenzimmern können wie am Fließband. Alles wird bis ins Kleinste geregelt: Maske auf, Maske ab, Schule auf, Kita zu etc. Dann können auch über Schankgenehmigungen, Standgebühren etc. für die Kommunalen Partybereiche ordentliche Einnahmen hereinkommen. Denn wer an der Party verdient, der soll auch seinen Beitrag für die Finanzierung leisten. Auch Obergrenzen für Getränkepreise und Imbiss-Speisen können vorgegeben werden. Es ist durchaus möglich, in der „ambulanten Gastronomie“ mit auskömmlichen Preisen Geld zu verdienen; eine goldene Nase muss ja nicht sein. Auch für „rotgrün Hannover“ gilt: mann und frau muss nur wollen, dann klappt das schon! Ja, Party in Linden ist okay. Aber nicht beliebig lang, beliebig laut und beliebig oft. Auch andere Stadtteile Hannovers sollen ihr Stück vom Partykuchen abbekommen, so im Wechsel, alle vier bis sechs Wochen. Das wär’s doch!? Wir finden, zusätzliche ideale „Locations“ für Kommunale Partybereiche bieten sich hier an:
- entlang der Lister Meile vom Weißekreuzplatz bis zum Lister Platz
- links und rechts der Sallstraße, des Altenbekener Damms, der Geibelstraße und auf dem Stephansplatz
- am Engelbosteler Damm von der Christuskirche bis zur Haltenhoffstraße
- im Gebiet rund um das Kaiser- Wilhelm- und Ratsgymnasium.
- auf dem „lindenähnlich“ multikulturell und toleranten Roderbruchmarkt
- den von hanova partytauglich sanierten Innenhöfen vom Canarisweg.