In den Jahren 2014/2015 gab es eine Beteiligung der Öffentlichkeit an den Planungen zur Wasserstadt Limmer. Daraus resultierte ein Beschluss des Stadtbezirksrates, der u.a. ein Wohngebiet mit 1.000 bis 1.200 Wohneinheiten vorsah. Diesem Beschluss folgte die Stadtverwaltung nicht, stattdessen schlug man dem Rat eine Bebauungsdichte von 1.600 bis 1.800 Wohnungen vor.
Nun kam auf den Tisch, dass die Stadtverwaltung 20 % mehr Wohnungen plant. Anwohner, Bürgerinitiative und Stadtbezirksrat fühlen sich getäuscht und unterstellen dem Stadtbaurat eine Lüge. Dazu hat die
BI Wasserstadt Limmer nun die folgende Stellungnahme zur Diskussion um die Bebauungsdichte der Wasserstadt veröffentlicht:
Unsere Offenen Briefe an die Ratsfraktionen und den Oberbürgermeister haben eine öffentliche Diskussion über das Vorgehen der Verwaltung im Beteiligungsverfahren zur Wasserstadt ausgelöst.
Die Verwaltung macht aktuell Vorgaben für eine massive Verdichtung der Bebauung, die in diesem Ausmaß für den Stadtteil unverträglich sind und weit über den gültigen Ratsbeschluss (1600- 1800 Wohneinheiten) hinaus gehen. Wir legen heute unsere Zweifel an den Zahlen der Bauverwaltungen dar und stellen ihnen unsere Berechnungen gegenüber.
Wir fordern weiterhin eine Anpassung der Aufgabenstellung für die Planungsteams an den gültigen Ratsbeschluss, mehr Transparenz im weiteren Verfahren und echte Beteiligungsmöglichkeiten!
1.) Nur gleiche Rechenfaktoren lassen ehrliche Vergleichsrechnungen zu. Grundlage für die Berechnung der Bebauungsdichte müssen die Faktoren aus den Planungen zum 1. Bauabschnitt sein, die auch zum Ratsbeschluss geführt haben. Dort rechnet die Verwaltung beispielsweise mit einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 67,5 m² (netto, d.h. ohne Treppenhaus und Wände).
Wenn die Verwaltung jetzt in einer Reaktion vom 20.09.2021 auf unseren Offenen Brief für den 2. Bauabschnitt mit 85 m² durchschnittlicher Wohnungsgröße rechnet, so geht das zu Lasten der Vergleichbarkeit: Auf dem Papier wird eine niedrigere Wohnungszahl ermittelt. Wie die Verwaltung selbst darlegt, käme man mit der von ihnen heraus gegebenen Aufgabenstellung bei 70 m² Wohnungsgröße auf 1500 Wohneinheiten im 2. Bauabschnitt und damit zusammen mit den 550 Wohneinheiten des 1. Bauabschnittes auf eine Zahl weit oberhalb des Ratsbeschlusses.
Unser Vertrauen schwindet.
Zudem rechnet die Verwaltung 21 000 m² Geschossfläche der Altgebäude aus der Berechnung der Geschossfläche heraus, die aber real vorhanden sind und auf die 190 000 m² BGF aus der Aufgabenstellung aufzuschlagen sind.
Leider mussten wir in den letzten Jahren immer wieder feststellen, dass die Bauverwaltung Zahlen unseriös einsetzt, um ihre Vorhaben argumentativ zu stützen.
2.) Nach Berechnungen des Anwaltsplaners zum Beteiligungsverfahren für die Wasserstadt müsste die zu errichtende Bebauung für den 2. Bauabschnitt bei 120.500 m² Bruttogeschossfläche (BGF) liegen, wenn man den Ratsbeschluss einhalten will. Der von der Verwaltung benannte höhere Bedarf für (Fahrrad-) Parken und Verkehrsflächen weiterer Infrastruktur ist dabei berücksichtigt. Bereits damit weist die Wasserstadt die höchstmögliche Verdichtung für die Nutzungsart „Allgemeines Wohngebiet“ nach der bundesweit gültigen Baunutzungsverordnung auf (1,2 GfZ).
Die in der Aufgabenstellung genannten 190 000 m² BGF führen unter Hinzurechnung der 21 000 m² BGF der Altgebäude für die gesamte Wasserstadt zu ca. 2 400 Wohneinheiten.
Eine auf Wunsch der neuen Investoren als „Prüfauftrag“ im laufenden Verfahren eingefügte Aufstockung der Obergrenze um weitere 40 000 m² ergeben 190 000 m² BGF + 20 000 m² Altgebäude + 40 000 m² BGF = 250 000 m² BGF und würde zu ca. 2850 Wohneinheiten insgesamt führen. (siehe Anlage)
Das sind über 1000 Wohnungen mehr als der Ratsbeschluss zulässt. Die Bevölkerung Limmers würde mehr als verdoppelt! Und dass bei weiter ungelöster Verkehrserschließung und vielen weiteren offenen Fragen.
3.) Dass die Lösung für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum nicht darin liegen kann, auf Wunsch von Investoren in einzelnen Baugebieten die Bebauung immer weiter zu erhöhen, zeigen bereits die Beispiele der 60er und 70er Jahre in Hannover. Die Planungen zur Wasserstadt überschreiten den hannoverschen Standard weit. Wenn im Neubaugebiet am Kronsberg 3 500 Wohneinheiten auf 53 Hektar Fläche geplant werden und in der Wasserstadt schon nach dem gültigen Ratsbeschluss 1600 – 1800 WE auf 23 Hektar, dann führt das offensichtlich in der Wasserstadt zu einer größeren Dichte.Die von der Verwaltung gegenüber der Presse genannte Zahl von 9300 m² BGF pro Hektar für den 1. Bauabschnitt ist nicht nachvollziehbar. Nach den Planungen zum 1. Bauabschnitt sind es 11 800 m²/ ha Nettobauland.
Der Schlüssel für bezahlbaren Wohnraum liegt vielmehr in der Renditeerwartung der Investoren. Entscheidend für eine gelingende Wasserstadtplanung ist, ob die hannoverschen gemeinwohlorientierten Wohnungsbaugenossenschaften, Genossenschaften und Baugemeinschaften mit ins Boot kommen, oder ob es dabei bleibt, dass Eigentümer G. Papenburg mit rein profitorientierten Partnern die Apfelsine bis zum letzten Tropfen ausquetschen darf, wie es sich im 1. Bauabschnitt bereits andeutet.
4.) Die Verwaltung wirbt mit weit über die Vorgaben hinaus gehenden Beteiligungsmöglichkeiten im Planungsprozess und der Einbindung von Bezirksrat und Bürgerinitiative.
Bisher war dieser große Beteiligungsprozess aus unserer Sicht eher eine große Enttäuschung mit kurzfristigen Informationen über vollendete Tatsachen und der Nicht-Berücksichtigung von Einwänden.
Für den weiteren Prozess erwarten wir mehr Transparenz, saubere Rechenmethoden, Verlässlichkeit bei Zusagen und echte Beteiligungsmöglichkeiten.Das bedeutet kurzfristig unter anderem:
- Die Verwaltung sorgt für widerspruchsfreie und nachvollziehbare Zahlen. In den bevorstehenden Präsentationen wird die Dichte (BGF) für den gesamten Bauabschnitt auf einen Blick sichtbar.
- Den Bürger*innen wird mehr Zeit als ein Abend gegeben, um drei konkurrierende Entwürfe zu verstehen und dazu eine Rückmeldung zu geben.
- Die Planungsbüros werden aktiv aufgefordert, die Rückmeldungen der Bürger*innen bei den Präsentationen live und in Präsenz zu erleben.