Der interkulturelle Verein Kargah e.V. (persisch Werkstatt), ansässig auf dem Faustgelände in Linden-Nord, sieht sich angesichts geplanter drastischer Haushaltskürzungen durch die Ratsfraktionen von SPD, CDU und FDP mit einer existenziellen Bedrohung konfrontiert. Der Verein, der seit seiner Gründung 1980 Migrant:innen und Flüchtlingen durch Beratung, Bildung und kulturelle Angebote unterstützt, wäre einer der Hauptleidtragenden der Einsparungen. Am kommenden Donnerstag entscheidet der Rat der Stadt Hannover darüber.
Ein Verein mit wichtiger Mission
Kargah e.V., ursprünglich von politisch verfolgten Frauen aus dem Iran gegründet, ist heute eine der größten Migrant:innenselbstorganisationen in Niedersachsen mit 50 festangestellten Mitarbeitenden. Die Arbeit des Vereins umfasst Sprachkurse, Hilfe bei der Jobsuche, muttersprachliche Beratungen in zwölf Sprachen und Begleitung zu Behörden und Ärzten. Besonders für papierlose Menschen – Migranten ohne gültige Aufenthaltsdokumente – ist Kargah eine wichtige Anlaufstelle, da diese oft keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung oder sozialen Leistungen haben.
Drastische Kürzungen geplant
Die geplanten Einsparungen treffen Kargah und ähnliche Einrichtungen schwer. Zu den Maßnahmen gehören:
- Kosmos Hannover – Transkultur gemeinsam denken: Kürzung um 52.989 €. Begründung: Integrationsarbeit sollte im Alltag stattfinden, ein gesonderter Begegnungsraum sei nicht notwendig.
- Beratung und Begleitung von Flüchtlingen: Kürzung von 81.191 € auf 30.000 €. Begründung: Zusammenlegung der Beratungsangebote für Menschen mit und ohne Papiere.
- Beratung von Menschen ohne Papiere: Kürzung von 54.886 € auf 15.000 €. Begründung: Zusammenlegung der Angebote.
- Mehrsprachiges Webportal Welt-in-Hannover.de: Streichung der Förderung von 10.000 €. Begründung: Eigenfinanzierung durch Werbung sei möglich.
- Dolmetscherdienste: Kürzung von 73.980 € auf 23.980 €. Begründung: Einsatz von KI und Übersetzungsassistenten könnte angeblich den Bedarf reduzieren.
Folgen für die Arbeit von Kargah
Diese Einschnitte gefährden nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die Angebote für Migrant:innen. „Die Arbeit von Kargah wird nicht durch staatliche Stellen übernommen, und die kurzfristigen Kürzungen machen eine Anpassung nahezu unmöglich“, so Ferdos Eslami-Mirabadi als Vertreterin des Vereins gegenüber Punkt-Linden. Mietverträge laufen langfristig, und Personalabbau lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen. Zudem profitieren jährlich Hunderte Ratsuchende von den Programmen und Unterstützungen des Vereins, die durch die Kürzungen stark eingeschränkt werden könnten.
Widerstand gegen die Kürzungen
Die Ankündigung der Haushaltskürzungen zwei Monate vor Jahresbeginn sorgt für Unmut in der Community und bei Unterstützer:innen von Kargah. „Kargah ist ein unverzichtbarer Teil unserer Stadt, der dazu beiträgt, Integration, soziale Gerechtigkeit und kulturellen Austausch zu fördern“, sagt eine Bewohnerin aus Linden-Nord. Es bleibt abzuwarten, ob die Kürzungen wie geplant umgesetzt werden – und welche Konsequenzen dies für die Migrant:innenarbeit in Hannover haben wird.