Hausbesetzung Davenstedter Straße, Protest gegen Abrisspläne

Am heutigen Mittag gegen 12 Uhr kam es im Stadtteil Linden-Mitte zu einer öffentlichkeitswirksamen Besetzung leer stehender Gebäude in der Davenstedter Straße 5–7. 17 junge Menschen der Gruppe Leerstand Entern verschafften sich Zugang zu den seit längerer Zeit leer stehenden Werkstattgebäuden in unmittelbarer Nähe des Lindener Markts. Die Aktivist:innen protestieren damit gegen die Abrisspläne des Eigentümers Yacub Gencer, der an dieser Stelle den Bau hochpreisiger Eigentumswohnungen plant.

Die Besetzer:innen hängten Transparente aus den Fenstern, zündeten bunte Rauchtöpfe und kletterten auf das Dach eines kleinen Kiosks auf dem Gelände. Von dort aus verteilten sie kostenlos Getränke und Süßigkeiten an Passant:innen, was bei einigen für Aufsehen, bei anderen für Zustimmung sorgte.

Zahnärzte am Küchengarten

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Limmerstraße 15
30451 Hannover
Linden-Nord

Kritik an Gentrifizierung und fehlendem Wohnraum

Im Gespräch mit Punkt-Linden erklärte eine Sprecherin der Gruppe die Motivation hinter der Aktion: „Wir sind heute hier, weil wir die Gentrifizierung, die hier passiert, nicht unkommentiert lassen wollen. Linden ist ein Stadtteil, in dem viele unterschiedliche Menschen leben – es soll ein Ort für alle bleiben, nicht nur für Wohlhabende.“

Die Besetzung sei eine Reaktion auf die fehlenden politischen Maßnahmen gegen die Verdrängung einkommensschwächerer Bewohner:innen. Besonders empört zeigte sich die Gruppe darüber, dass im Verkaufsprospekt der geplanten Neubauten gezielt mit dem „Flair von Linden“ geworben werde – ein Flair, das durch eben jene Bauprojekte bedroht sei.

Eigentümer sucht das Gespräch

Yacub Gencer, der Eigentümer der Gebäude, erschien während der Besetzung vor Ort und suchte das Gespräch mit den Aktivist:innen. Obwohl er darauf hinwies, dass bei dem nicht besetzten Wohnhaus Einsturzgefahr bestehe – eine Wand sei bereits abgesackt –, verzichtete er ausdrücklich auf eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch oder Einbruch, sofern die Besetzung freiwillig beendet werde.

Polizeieinsatz ohne Eskalation

Polizeieinsatz Hausbesetzung
Eine zufällig vorbeifahrende Polizeistreife wurde gegen Mittag auf die Aktion aufmerksam. In der Folge wurden weitere Einsatzkräfte, darunter Einheiten der Bereitschaftspolizei, hinzugezogen. Insgesamt waren rund 20 Beamt:innen im Einsatz. Da keine unmittelbare Gefahr bestand und sich die Lage ruhig entwickelte, wurde von einer Räumung abgesehen.

Einigung erzielt – Besetzung beendet

Gegen 15 Uhr verließen die Besetzer:innen freiwillig das Gebäude. Zuvor war es nach Angaben der Gruppe zu einem konstruktiven Gespräch mit Gencer gekommen, in dem ein Folgetermin zur Diskussion über die Zwischennutzung der Gebäude vereinbart wurde.

Alternative Nutzungskonzepte vorgestellt

In einem Beitrag auf dem Telegram-Kanal der Gruppe entwarf Leerstand Entern eine alternative Vision für das Gelände: gemeinschaftlich genutzter Wohnraum in Vereinshand, entsiegelte Flächen mit Gemüsegärten und offene Begegnungsorte für die Nachbarschaft. Die Aktivist:innen betonen, dass Wohnraum nicht zur Ware verkommen dürfe und setzen sich für eine bedürfnisorientierte Nutzung ein.

Die Aktion reiht sich ein in eine länger andauernde Debatte rund um das Gelände in der Davenstedter Straße. Bereits zuvor hatte der Bezirksrat versucht, mit einer Erhaltungssatzung Einfluss auf die Entwicklung zu nehmen – bisher jedoch ohne Erfolg, da es für das Areal keinen Bebauungsplan gibt.

Ob die Gespräche zwischen Eigentümer und Aktivist:innen Veränderungen bewirken, bleibt abzuwarten. Klar ist: Das Thema bezahlbarer Wohnraum in Linden bleibt aktuell – und zunehmend umkämpft.

Bildnachweis: Stefan Ebers

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