Update 08. August 2025
Kann das Flussschwimmen in der Seine in Paris Vorbild für die Leine und die Ihme in Hannover sein? Hans Mönninghoff, ehemaliger Umweltdezernent von Hannover, äußert sich dazu im Interview mit Punkt-Linden.
Video von Martin Tönnies und Wolfgang Becker
Artikel vom 26. Juli 2025: Baden im Fluss: Nicht alle Risiken können ausgeschlossen werden
Unser Bericht über Erfrischungen in Ihme und Leine vom 18. Juli 2025 hat Fragen zu damit verbundenen Risiken aufgeworfen. Zum optimalen Badewetter hier eine aktuelle Ergänzung.

„Haben Sie in Linden schon mal im Fluss gebadet?“ Das hat Punkt-Linden u. a. Michael Klenke gefragt, den CDU-Einzelvertreter im Bezirksrat Linden-Limmer:
„Ich persönlich finde, dass Ihme und Leine sich in den vergangenen Jahrzehnten als gefährlich zum Baden gezeigt haben. Es hat dort immer wieder mal tödliche Unfälle mit unterschiedlichen Ursachen gegeben. Möglicherweise ist ein Grund dafür auch, dass es sich hier – im Gegensatz zu einigen anderen Gewässern in der Region – nicht um zum Beispiel durch die DLRG bewachte Badestelle handelt.“
Im Kanal in Limmer sei er früher aber auch schwimmen gewesen, so Klenke: „Sofern man dort ein paar Grundregeln beachtet hat und nicht an der Schleuse gebadet oder von Brücken gesprungen ist, erschien das Risiko überschaubar und die Qualität des Wassers machte einen guten Eindruck.“
Zur Wasserqualität keine Aussagen von Stadt und Landesbetrieb
Was das Thema Baden im Fluss angehe, würden Stadtverwaltung und der Landesbetrieb Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) das Baden dort aus Gründen der Gefahrenabwehr sicher grundsätzlich nicht genehmigen, da es Unfallgefahren wegen Schiffsverkehr, Wassersport und Strömungen gäbe, meint Bezirksratsherr Klenke weiter: „Somit wäre dann auch eine Überwachung der Wasserqualität als Badestelle hinfällig.“
Nachfragen von Punkt-Linden bei der Stadt und beim NLWKN zur Kontrolle der Gewässer haben leider kein klares Ergebnis gebracht. Die Stadt hat hinsichtlich der Zuständigkeit auf den Landesbetrieb verwiesen: „Die Kontrolle der Qualität von Fließgewässern liegt beim Land. Ob von dort eine Aussage zur Badetauglichkeit kommt, vermag ich nicht zu sagen“, so Stadtsprecher Udo Möller. „Nach Rücksprache mit unseren Fachleuten muss ich Sie in Ihrem Anliegen leider an die Stadt oder die Region Hannover verweisen“, so die Antwort von NLWKN-Pressesprecherin Malena Fender. Offenbar sind sich die Behörden in der Frage der Zuständigkeit für Wasserkontrollen nicht einig.
Langjähriger Umweltdezernent kann sich Badestelle an der Ihme vorstellen

Einem generellen Baden im Fluss in Höhe von Linden-Mitte/Linden-Nord stehe er aber heute aus folgenden Gründen kritisch gegenüber: Die Innenstadt habe noch zu erheblichen Teilen ein Abwassernetz als Mischkanalisation, bei dem Fäkalien aus den Haushalten und Regenwasser in den gleichen Rohren nach Herrenhausen in die Kläranlage fließen.
Bei starken Niederschlägen reiche das Rohrsystem und die Leistungsfähigkeit der Kläranlage aber nicht aus. Deshalb werde dann an verschiedenen Stellen ein Teil des Abwassers in die Ihme „abgeschlagen“, sodass Fäkalien in den Fluss kommen. „Um keine gesundheitlichen Probleme zu bekommen, dürfte das Baden nur erlaubt werden, wenn bei regelmäßigen Wasseruntersuchungen keine Grenzwertüberschreitungen für Badegewässer vorhanden sind“, so Umweltexperte Mönninghoff.
Er halte eine von der Stadt einzurichtende und überwachte öffentliche Flussbadestelle in Höhe der Jugendherberge am Ferdinand-Wilhelm-Fricke-Weg 1 an der Lodemannbrücke kurz nach Zufluss aus dem Schnellen Graben sowie Fösse für sinnvoll. Denn dort habe es oberhalb noch keine Mischwasserzuflüsse gegeben. An dieser Stelle würden auch die wütenden Proteste der Rudervereine, die es seinerzeit gegen das Gesamt-Bade-Konzept gab, in den Griff zu bekommen sein.
Dazu bräuchte man voraussichtlich auch keine Aufhebung der Einstufung der Leine als Bundeswasserstraße, meint Mönninghoff: „Die an dieser Stelle sehr geeignete Uferfläche der Ihme gehört der Stadt, und wenn diese bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung darauf drängt und öffentlicher Druck vorhanden ist, sollten die eigentlich zustimmen!“
Beispiel Paris – Vorbild auch für Hannover?

Zu den Olympischen Sommerspielen 2024 hatte Paris massive Anstrengungen unternommen, den lange stark verunreinigten Fluss Seine sauberer zu machen. Dafür wurde sehr viel Geld in die Hand genommen – insgesamt sind rund 1,4 Milliarden Euro in eine bessere Wasserqualität investiert worden. Es wurden etwa Regenrückhaltebecken, Desinfektions- und Abwasseraufbereitungsanlagen gebaut sowie 23.000 Wohnungen sowie Hunderte Hausboote an die Kanalisation angeschlossen.
Ein Jahr nach den sportlichen Wettkämpfen an der Seine sind ab dem 5. Juli 2025 nun auch drei überwachte Badestellen für die Öffentlichkeit geöffnet worden, insgesamt 30 sollen es – nach den ehrgeizigen Plänen der sozialistischen Bürgermeisterin Anne Hidalgo – einmal werden. Das Gratis-Baden im Fluss soll dort bis zum 31. August 2025 möglich sein, die Wasserqualität wird ständig von der Stadt überwacht.
Grüne, gelbe oder rote Fahnen informieren darüber, ob das Baden uneingeschränkt oder eingeschränkt empfohlen oder aber verboten ist. Gleich am zweiten Tag wehten am Fluss rote Fahnen: Die Behörden befürchteten nach heftigen Regenfällen eine Verschlechterung der Wasserqualität. Schon bald wurde das Baden in der Seine aber wieder freigegeben.
Seit 1923 war das Schwimmen im Fluss wegen des Schiffsverkehrs und der Wasserverschmutzung verboten worden. Jetzt hat die französische Hauptstadt einen zusätzlichen Ort der Abkühlung zurückgewonnen, was alle Bürger*innen angesichts der im Klimawandel zunehmenden Hitzegrade zu schätzen wissen dürften.
Ich freue mich sehr über die Initiative, das Flussbaden in Hannover offiziell zu fördern.
Ich gehe bei gutem Wetter mehrmals wöchentlich zum Baden in die Leine, in Seen oder in den Kanal.
Bei gutem Wetter sind viele Menschen draußen am Wasser, genießen das Wetter und die Abkühlung. Das ist ein tolles Bild von Hannover und ist für mich ein großer Punkt für die Lebensqualität der Stadt.
Wenn jetzt gefördert wird, was eh passiert, wäre das toll.
Und diese ewige Diskussion dass baden zu gefährlich sein … Ich fühle mich auf dem Weg dort hin in Straßenverkehr deutlich gefährdeter durch Autos …
Ein Hinweis, da ich mich nicht mit fremden Federn schmücken will: Die Graphiken von einem möglchen Badestrand an der Jugendherberge stammen aus einer Masterarbeit von Maxim Altenburger. Ich habe im Interview darauf darauf hingewiesen, es ist nicht in der geschnittenen Fassung, dort aber im Abspann.
Hans Mönninghoff
Gegenüber der Jugendherberge fließt die Ihme (für Ricklinger auch Beeke genannt) in den Schnellen Graben, der Leinewasser führt. Dort ist es nicht die Fösse.
Jeder zweite Bach hier in der Gegend nennt sich auch „Beeke“.
Mir ist es lieber, dass in vernünftige Schwimmbäder und Schwimmunterricht investiert wird. Baden an diesen Stellen ist nicht ungefährlich und wird von Wassersportlern auch nicht gerne gesehen.
Da das Baden in Leine und Ihme sowie Leineseitenkanal nicht verboten ist, stattfindet ,sollten aus öffentlicher Fürsorgepflicht regelmäßig Wasserqualitätskontrollen stattfinden
👍