Nächster Herr, die selbe Dame:
Zum Jahreswechsel hat die Berliner Intown Guppe von der Öffentlichkeit unbemerkt ihren 83 %-Anteil am Ihme-Zentrum an die Luxemburger Sapina Holding verkauft. Diese wird von dem ehemals als unternehmerisches Wunderkind bekannt gewordenen Lars Windhorst geführt. In seiner schillernden Karriere hat er in den 90er-Jahren große Firmen aufgebaut, aber auch entsprechende Pleiten hingelegt und 2010 schon mal eine Bewährungsstrafe wegen Veruntreuung kassiert.
Vor vier Jahren, im Februar 2015, hatte die Muttergesellschaft der Intown den Komplex von der Berliner Bank für 16,5 Millionen erworben (Lindenspiegel 03/2015). Zuvor war der US-amerikanische Finanzinvestor Carlyle im Rahmen der globalen Finanzkrise 2008/9 insolvent geworden.
Windhorst ist Geschäftsmann und will alsbald mit seiner Neuerwerbung, für die schon eine zweistellige Millionensumme als Anzahlung geflossen ist, angemessenen Gewinn machen. Der notarielle Vertrag soll bis Ende Mai in allen Punkten erfüllt und durch die ausstehende Restzahlung erfüllt sein.
Zwecks Ersparnis der Grunderwerbssteuer hat die Sapina die Nächster Herr, die selbe Dame: Das Ihmezentrum wechselt mal wieder den Besitzer Tochterfirma von Intown übernommen, die formell Eigentümerin der Immobilie bleibt. Dies bedingt aber auch, dass sämtliche Verträge insbesondere mit der Stadt weiterhin gültig bleiben. Dies ist ein wichtiger Unterschied zum Ex-Besitzer Carlyle, der seinerzeit eigentlich nur der Berliner Bank verpflichtet war. Bereits damals war ein Investitionsvolumen von 200 Millionen eingeplant. Für den glatten Neuinvestor Windhorst scheinen dies allerdings nur Peanuts zu sein. Bei einem Sapina Kapital von angeblich 3,5 Milliarden soll das Ihmezentrum mit knapp 5 % also nur etwa 175 Millionen beanspruchen. Also doch deutlich mehr als die bisher vertraglich festgeschriebenen 50 Millionen.
Immerhin hat sich der in London wohnende, viel beschäftigte Finanzinvestor am Donnerstag, 22. März großzügig einen halben Tag Zeit für Hannover genommen, um der Stadtspitze sich und diese Zahlen zu präsentieren. Diese kann nun, ohne weiteren Druck ausüben zu müssen, darauf hoffen, dass zumindest drei Punkte aus den bestehenden Verträgen erfüllt werden.
Zum einen ist die Fassade zur Blumenauer Straße für 8 Millionen zu sanieren. Zum zweiten sind für 10 Millionen die Etagen im Büroturm Ihmeplatz 5 etwa 20.000 Quadratmeter für die dem Jugendamt nachfolgenden Behörden bis Ende 2022 bezugsfertig zu stellen und weitere 10.000 Quadratmeter bis Ende 2021 für Gewerbetreibende; also insgesamt 30.000 Quadratmeter.
Doch der kühl kalkulierende Lars Windhorst will mehr. Bei 100.000 Gesamtfläche scheinen ihm, durchaus nachvollziehbar, nur läppische 10.000 unrentabel. Somit sollen bis 2021 die restlichen 70.000 Quadratmeter fertig geklotzt werden. Alles wohlgemerkt aus dem Eigenkapital. Auf eine Zusage für die Dauer seines Engagements nach der Revitalisierung lässt sich der Sapina Chef nicht ein. Ob 5, 10, 15 Jahre; so etwas hält er für unwichtig. Es hängt wohl von der Gewinnrealisierung ab; mal frech spekuliert. Allerdings soll es in den Gewerbebereichen keine neuen Wohnungen geben. Positiver steht er einer zum Küchengarten hin geöffneten Shopping-Mall gegenüber; auch einer bereits mit Städtebaumitteln förderungsreifen Zuwegung zur Ida-Arenhold-Brücke will sich der finanzstarke Gutmensch wohl nicht verschließen.
Stadt- und Lindener Bezirkspolitik sehen die vollmundigen Versprechen des Investors eher skeptisch, wie von FDP, Grünen und auch der CDU zu hören ist. Gerade letztere will nach den Worten von Gabi Steingrube den Neuen ausschließlich an den Taten messen. Nach Meinung von David Müller von der Lindener Linken muss permanenter Druck aufrechterhalten werden.
Dies scheint schon aus Zeitgründen erforderlich; denn seit der Umgestaltung des ursprünglich sehr massiv und hochwertig erstellten Gebäudekomplexes zu einer offenen, der Witterung ausgesetzten Bauruine sind über 15 Jahre vergangen. Noch einmal so lange, und die Natur macht durch fleißigen Einsatz von Regen, Wind, Frost und Sommerhitze aus dem einstigen Qualitätsbau eine marode Betonmasse, die nur noch entsorgt werden kann.
Aus der Politik sind die Ankündigungspolitiker ja hinlänglich bekannt. Große Worte, nichts dahinter. Ob sich die Stadtpolitiker nun von einem Ankündigungsinvestor blenden lassen, bleibt zurzeit noch offen; so ähnlich wie Brexit.