140 Jahre St. Godehard

St. Godehard Kirche
St. Godehard Kirche

4. Oktober 1874 / 4. Oktober 2014 – 140 Jahre Pfarrkirche St. Godehard.
Das sind 140 Jahre „bewegte“ Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes. Fluktuation, Zuzug und Weggang, Kommen und Gehen, sind Kennzeichen des Gemeindelebens in diesen 140 Jahren.

„Gehorsamstes Gesuch des Pastors Henniges in Linden um geneigteste Erhebung der Filialgemeinde St. Godehard in Linden zu einer selbstständigen Pfarrei“

„Nachdem mit allergnädigster Genehmigung Seiner Majestät des Kaisers und Königs am 1. April 1885 Linden zur selbstständigen Stadt und im Laufe dieses Jahres auch zu einem besonderen Stadtkreis erhoben ist, dürfte es an der Zeit sein, auch die katholische St. Godehard Gemeinde in Linden von der St. Clemens Gemeinde in Hannover vollständig zu trennen und erstere nunmehr zur selbstständigen Pfarrei zu erheben“, so beginnt ein Brief, den Pastor Friedrich Henniges am 12.6.1886 an den Bischof von Hildesheim, Wilhelm Sommerwerck, richtet. Die Industrialisierung Lindens, z.B. 1846 mit der Gründung der Hanomag, führte zu einem Zuzug von Arbeitskräften, insbesondere von Katholiken aus dem Eichsfeld und aus dem Rheinland. Das einzige katholische Gotteshaus in Hannover und in der weiteren Umgebung war die St. Clemenskirche. Sie bot Platz für etwa 1000 Besucher. Im Jahre 1863 hatte die Zahl der Katholiken im Umkreis von Hannover und Linden aber bereits 6000 erreicht. So musste der Bau einer zweiten katholischen Kirche geplant werden.
In einem ersten Schritt wurde der Kaplan von St. Clemens, Ignaz Diedrich (sein Grab auf dem Lindener Bergfriedhof wird heute noch von St. Godehard gepflegt) am 17. Juni 1873 angewiesen, „seinen Wohnsitz in Linden zu nehmen und den dortigen son- und festtäglichen Gottesdienst zu halten.“

Dieser fand zunächst in einem Gasthaussaal statt. Der Graf von Alten war bereit „von seinem in Linden gelegenen Garten eine Fläche von einem Morgen Calenberger Maße zum Neubau einer Kirche zu Linden“ der Diözese Hildesheim zu überlassen. So konnte in der Posthornstraße eine Kirche gebaut werden, die am 4. Oktober 1874 durch Bischof Wilhelm Sommerwerck konsekriert wurde und den Namen St. Godehard erhielt. War die Gemeinde St. Godehard zunächst eine Filialgemeinde von St. Clemens, wurde sie am 13. März 1891 selbstständig und „für immer aus jeglichem Pfarrverband der Mutterkirche Hannover“ ausgeschieden. Sie umfasste neben der Stadt Linden die zum Landkreis gehörenden Ortschaften Ahlem, Badenstedt, Bornum mit Körtingsdorf, Davenstedt, Limmer und Ricklingen.
In dem ehemaligen „Missionsgebiet“ entstanden im Laufe der Jahre eigenständige Gemeinden, die sogenannten „Tochtergemeinden“ von St. Godehard:

  • 1902 St. Benno, Linden -> 1964 Maria Trost, Ahlem
  • 1911 St. Bonifatius, Gehrden
  • 1955 St. Augustinus, Ricklingen
  • 1961 Maria von der immerwährenden Hilfe, Bennigsen
  • 1965 Christkönig, Badenstedt

Die Gründergeneration von St. Godehard waren Arbeitskräfte, die aus dem Eichsfeld und dem Rheinland kamen. Ihnen folgten nach dem Zweiten Weltkrieg die Heimatvertriebenen aus Ostdeutschland, die in Linden und St. Godehard eine neue Heimat fanden. Anfang der 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts kamen die sog. Gastarbeiter nach Deutschland. Spanier und Italiener lebten in Linden, gründeten Familien und gewannen über ihre Kinder den Zugang zu der „deutschen Gemeinde“, zu St. Godehard. In den 80er-Jahren waren mehr als ein Drittel der Gemeindemitglieder Katholiken anderer Muttersprache. Nach der politischen Wende, in den 90er-Jahren, wandelte sich das Bild der Gemeinde erneut. Aussiedler und Russlanddeutsche zogen in die Bundesrepublik und nach Linden. Und heute sind es vor allem Menschen aus den afrikanischen Ländern, die in St. Godehard eine neue kirchliche Heimat suchen. St. Godehard ist zwar neben St. Clemens die zweitälteste Pfarrei, sie ist aber keine „alte Gemeinde“. Jede Fluktuationswelle der letzten 140 Jahre forderte die Gemeindemitglieder von St. Godehard heraus, sowohl die neu Hinzukommenden wie die Alteingesessenen. Neues traf auf Althergebrachtes, Traditionen wurden vor anderem kulturellem Hintergrund infrage gestellt, unterschiedliche kirchliche Sozialisationen trafen aufeinander. Man musste aufeinander zugehen, sich um Verständigung – nicht nur sprachlich – bemühen, man lernte voneinander, man musste neue Schwerpunkte in der Gemeindearbeit setzen.
Und auch nach 140 Jahren Kirchweihe ist noch kein Stillstand angesagt. Die vorerst letzte große Herausforderung war und ist die „Fusion“ von St. Godehard mit den Teilgemeinden St. Benno, Maria Trost und Christkönig. Den Kirchen im Westen Hannovers ist seit 2010 eine neue, große Aufgabe gestellt worden.

Quelle: St. Godehard

Bildnachweis: Achim Brandau