
1944 in Bad Gandersheim geboren, kam Günter Müller in jungen Jahren in die Limmerstraße. Hier, zwischen der Backstube im Hof und dem Geschäft im Vorderhaus (heute LindenBackt), begann sein lebenslanger Blick auf die Welt – ehrlich, wach, oft nachdenklich und nie ohne Witz. Seine Kindheit war geprägt von Armut, vom Ringen in der Familie, aber auch von einer tiefen Liebe zu Sprache, Menschen und Geschichten. Später sollte er sagen: „Linden hat mich eindrucksvoll geprägt. Davon will ich überhaupt nicht lassen.“
In Gedichten, Hörspielen, Lesungen und nicht zuletzt in seinem Buch (eines von sechs) „Unvollständige Rückkehr an vergangene Orte“ hat Müller das Lindener Leben eingefangen – unverklärt und doch mit Wärme. Er erzählte vom Schweigen der Limmerstraße, vom Gersterbrot aus der Bäckerei seines Vaters, von den Spielen der Kinder zu jener Zeit, vom Fußballplatz, von der hölzernen Leinebrücke und vom Wunsch, Weltmeister zu werden – oder zumindest bei Linden 07 zu spielen.
Sein Engagement war vielfältig. Als Mitglied im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt gab er Arbeitern eine Stimme. Später unterstützte er Jugendliche mit Behinderung im Annastift. Auch in den letzten Jahren blieb er aktiv: bei Lesungen, Rundgängen, im Netzwerk Archive Linden-Limmer – ein neugieriger Geist, ein offener Erzähler, ein Stück lebendige Stadtgeschichte.
Günter Müller war einer, der nie von oben herab schrieb, sondern aus der Mitte heraus. Ein Mann der leisen Töne, des genauen Blicks, der trotz aller Widrigkeiten dem Leben gegenüber freundlich blieb.
Er wird fehlen – auf der Limmerstraße, beim Scilla-Blütenfest am Lindener Berg, wo er in jedem Jahr einen literarischen Sprachkurs über den fast vergessenen Lindener Dialekt gab: „Waaste agentlich wie se ßpräöchen?“. Auf den Spuren der Butjer und in den Gesprächen, die noch kommen werden. Doch seine Geschichten bleiben. Und mit ihnen das, was er Linden zurückgegeben hat: Erinnerung, Haltung und Sprache.
Mach’s gut, Günter.
Weiterlesen: 2021 wurde Günter Müller von Jonny Peter in einem ausführlichen Porträt vorgestellt.
Günter Müller war auch als Berufspädagoge engagiert. Er gab jungen Mensch die Möglichkeit ihr Potential zu entfalten. Er stand ihnen unterstützend und beratend zur Seite, damit die jungen Menschen für sich eine berufliche Entscheidung treffen und neue Perspektiven entdecken konnten. Er arbeitete kollegial und teamorientiert. Er brachte sich mit seinem Standpunkt begründet ins Team ein. Er besaß Ambiguitätstoleranz und Mitgefühl. Er hatte einen wachen analytischen Geist und eine sensible Auffassungsgabe. Er war nicht immer bequem, aber unverzichtbar und einzigartig.