Kanalbrücke Wunstorfer Straße: Teilsperrung bleibt

Brücken spielen in Linden-Limmer eine zentrale Rolle. Sie bringen die Menschen über Leine, Ihme, Fösse und die beiden Kanäle im Stadtbezirk. So auch die Straßenbrücke der Wunstorfer Straße (Bundesstraße 441) nahe der Wasserstadt über den Lindener Stichkanal. Seit inzwischen eineinhalb Jahren ist auf der rund 50 Meter langen Brücke der dem früheren Conti-Gelände und jetzigen Wasserstadt zugewandte Seitenstreifen gesperrt. Im August 2021 hatten wir uns bei dem für die denkmalgeschützte Brücke verantwortlichen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Mittellandkanal/Elbe-Seitenkanal (WSA) nach der Brücke erkundigt, nachdem wir auf den dem äußeren Anschein nach desolatem Zustand aufmerksam wurden. Im November folgte dann die Sperrung.

Oberseite der Brücke mit Fahrbahn und gesperrtem Seitenstreifen
Hier müssen Radfahrer auf die Fahrbahn

Seitdem sollen Radfahrer direkt vor der Brücke über einen provisorisch abgesenkten Bordstein auf die 6,5 Meter schmale Fahrbahn fahren, um die Brücke auf der zu überqueren. Dabei werden sie regelmäßig verbotswidrig von Kraftfahrern mit zu geringem Abstand überholt, eine durchgezogene Linie untersagt hier das Überholen. Auch die hier geltende Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 macht daraus keine Wohlfühlzone. Fußgänger werden beiderseits des Kanals von Schildern aufgefordert, die Straßenseite zu wechseln. Allerdings wird vor allem auf der Ahlemer Seite nicht deutlich, welchem Zweck diese „Umleitung“ dient.

Die Sperrung war inzwischen mehrfach Thema im Bezirksrat. Unter anderem forderte ein Antrag aus dem Gremium die Stadtverwaltung auf, die Absicherung für Radfahrer zu verbessern. Die Stadt antwortete sinngemäß, sie sehe keine Notwendigkeit, die getroffenen Maßnahmen seien ausreichend, weitere nicht sinnvoll.

Erfolglose Ausschreibung

Laut eines Beitrags der Hannoverschen Allgemeinen vom 24.11.2021 stellte das für die Brücke verantwortliche WSA eine Instandsetzung der Brücke bis Ende März 2023 in Aussicht. Getan hat sich seitdem jedoch nichts. Dazu erläuterte das Amt, die Instandsetzung hätte eigentlich im Frühjahr dieses Jahres beginnen und im Sommer abgeschlossen werden sollen. Aufgrund mangelnder Beteiligung musste die erste Ausschreibung jedoch aufgehoben werden. Neben der hohen Auslastung infrage kommender Betriebe sei die zu geringe Profitabilität der Baumaßnahme ursächlich gewesen. Das Verfahren soll nun in Form einer sogenannten beschränkten Ausschreibung wiederholt werden. Bei dieser Form der Vergabe wird nur eine beschränkte Zahl vorher ausgewählter Anbieter zur Angebotsabgabe aufgefordert. Mit einer Aufhebung der Sperrung ist frühestens im Herbst zu rechnen.

Instandsetzung kompliziert

Die unterseite der Brücke zeigt deutliche Schäden durch Rost und abplatzenden Beton.
Schäden an der Unterseite der Brücke

Die Wiederherstellung des schmalen Seitenstreifens gestaltet sich sehr viel aufwendiger, als man annehmen mag. Damit beim Abtragen des Asphalts und des nicht mehr tragfähigen Unterbaus keine Schadstoffe in die Umwelt gelangen, muss die Baustelle komplett in einer Einhausung „verpackt werden“. Das Personal kann diese nur unter besonderen Schutzvorkehrungen durch Sicherheitsschleusen betreten und verlassen. Bauabfälle müssen dann entsprechend als gefährlicher Sonderabfall entsorgt werden.

Neubau der Brücke noch in Ferne

Wie bei unserer ersten Anfrage bestätigte das WSA erneut, dass für die 1912 gebaute, denkmalgeschützte Stahlfachwerkbrücke mittelfristig ein Neubau in Planung sei. Aufgrund von Materialermüdung sei eine Ertüchtigung des bestehenden Bauwerks wirtschaftlich nicht tragbar. Die Planung dafür liegt im Moment bei der Fachstelle für Brücken des Wasserstraßenneubauamts in Helmstedt.

Dieses teilte uns mit, die Planung stecke aktuell noch in der Untersuchungsphase. Entsprechend können noch keine belastbaren Aussagen zur Ausgestaltung des neuen Bauwerks, zu Kosten oder einem zeitlichen Rahmen getroffen werden. Interessant dabei: Das Planungsverfahren umfasst nicht nur diese eine, sondern gleich sechs der insgesamt sieben Brücken über den Stichkanal Linden. Auch zur Anpassung an aktuelle und künftige Verkehrserfordernisse gibt es noch keinen Sachstand. Zunächst geht die Fachstelle davon aus, den Status quo beizubehalten und lediglich höhere Fahrzeuggewichte zu berücksichtigen, damit die Gewichtsbeschränkung aufgehoben wird. Darüber hinaus gehende Anforderungen müssen erst noch durch andere Stellen definiert werden. So bleibt beispielsweise die Frage, ob es separate Rad- und Fußwege geben wird, erst mal offen.

Soll keine Kopie werden

Wegen des bestehenden Denkmalschutzes erfolgt die Planung unter Beteiligung des Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur als oberste Denkmalschutzbehörde bei den Planungen. Allerdings strebe man nicht an, eine Kopie der bestehenden Brücke zu bauen. Seitens der hannoverschen Stadtverwaltung wurden übrigens auch noch keine konkreten Anforderungen für die neue Brücke an das Wasserstraßenneubauamt angetragen. Lediglich, dass sie wieder „in gleicher Lage“ errichtet werden soll. Inwieweit die Planung für den zweiten Bauabschnitt der an die Brücke angrenzenden Wasserstadt mit der für die neue Brücke „wechselwirkt“, lässt sich nur vermuten. So sieht das Mobilitätskonzept für die Wasserstadt etwa einen parallelen Verlauf einer neuen Stadtbahn-Stichstrecke in diesem Bereich vor. Auch soll der Raum unter der Brücke am Limmer-seitigen Kanalufer weiter geöffnet werden, um hier eine Durchwegung zu schaffen. Durch den sich abzeichnenden Abriss der Conti-Altgebäude und die sich dadurch verändernde Rahmenbedingungen könnten diese Ideen auch schon wieder hinfällig sein.

Fun Fact: Wir haben aus Neugier nachgezählt: Insgesamt gibt es 21 über Gewässer führende Brücken im Stadtbezirk.

Bildnachweis: Martin Illmann