Urteil zum Ihme-Zentrum: Stadt haftet nicht für Millionenforderung

Gerichtsurteil Ihme-ZentrumIn einem Urteil (Aktenzeichen: 480 C 7761/24) hat das Amtsgericht Hannover heute entschieden, dass die Landeshauptstadt Hannover nicht für eine ausgefallene Zahlung im Zusammenhang mit Sanierungsmaßnahmen im Ihme-Zentrum haftet. Damit wies das Gericht eine Klage der Eigentümergemeinschaft zurück, die die Stadt für die rund 3,95 Millionen Euro in Anspruch nehmen wollte, der ein anderer Miteigentümer – die inzwischen insolvente Projekt IZ Hannover GmbH – schuldig geblieben ist.

Hintergrund: Streit um Sonderumlage in Millionenhöhe

Das Ihme-Zentrum befindet sich seit Jahren in einem schwierigen Zustand. 2021 einigten sich die Eigentümer auf eine umfassende Sanierung des Sockelgeschosses. Zur Finanzierung wurde eine Sonderumlage beschlossen – rund 4,1 Millionen Euro sollten auf die Eigentümer der Gewerbeeinheiten verteilt werden.

Während die Landeshauptstadt Hannover als Eigentümerin der Kita ihren anteiligen Betrag leistete, blieb die Projekt IZ Hannover GmbH die Zahlung schuldig. Sie meldete Insolvenz an – und die Eigentümergemeinschaft forderte in der Folge von der Stadt Hannover, als vermeintlicher Gesamtschuldnerin, die Übernahme des offenen Betrags.

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Was ist eine Gesamtschuldnerschaft?

Die Klägerin stützte ihre Forderung auf das Rechtsprinzip der Gesamtschuldnerschaft: Wenn mehrere Parteien gesamtschuldnerisch haften, kann ein Gläubiger den gesamten Betrag von einem der Schuldner fordern – unabhängig vom internen Verteilungsschlüssel. Der zahlende Schuldner kann sich anschließend intern schadlos halten, etwa durch Rückforderung vom Mithaftenden.

Wäre die Stadt Hannover tatsächlich Gesamtschuldnerin gewesen, hätte sie für die komplette Zahlungsausfall der Projekt IZ Hannover GmbH einstehen müssen.

Amtsgericht Hannover: Keine gesamtschuldnerische Haftung

Doch das Amtsgericht Hannover wies diese Argumentation zurück. In seiner Urteilsbegründung stellte das Gericht klar, dass eine gesamtschuldnerische Haftung weder gesetzlich noch vertraglich gegeben sei.

Zwar sahen sowohl die Gemeinschaftsordnung als auch ein gerichtlicher Vergleich aus dem Jahr 2021 eine klare Kostenverteilung unter den Eigentümern vor – doch explizit war dort nur von anteiliger Beteiligung die Rede. Eine gesamtschuldnerische Haftung müsse ausdrücklich vereinbart oder gesetzlich angeordnet sein, so das Gericht. Die Formulierung, wonach die Kosten von der „Gesamtheit der Raumeigentümer“ zu tragen seien, genüge nicht, um eine gesamtschuldnerische Außenhaftung zu begründen.

Ein weiteres Argument der Klägerseite – die grundlegend veränderte Geschäftsgrundlage durch die Insolvenz der Projekt IZ Hannover GmbH – ließ das Gericht ebenfalls nicht gelten. Die Insolvenz eines Miteigentümers stelle ein allgemeines Risiko im Rahmen der Eigentümergemeinschaft dar und berechtigt nicht zur Vertragsanpassung.

Bedeutung des Urteils

Das Urteil stärkt die Klarheit in Fragen der Haftungsverteilung innerhalb von Eigentümergemeinschaften: Wer einen vertraglich oder gemeinschaftlich geregelten Anteil trägt, haftet nicht automatisch für den Ausfall anderer – selbst dann nicht, wenn diese Insolvenz anmelden. Besonders öffentliche Körperschaften wie Städte oder Kommunen können sich damit auf eine begrenzte Haftung innerhalb solcher Gemeinschaften berufen, solange keine ausdrückliche Vereinbarung etwas anderes regelt.

Das Gerichtsurteil ist bisher nicht rechtskräftig. Die Eigentümergemeinschaft kann innerhalb eines Monats Berufung beim Landgericht Hannover einlegen.

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