Abriss und hochpreisiger Neubau, Luxusmodernisierung, Umwandlung in Eigentumswohnungen: Solche Aufwertungsprozesse zugunsten zahlungskräftigerer Eigentümer und Mieter nennt man Gentrifizierung. Entwicklungen dieser Art sind in Linden immer wieder zu beobachten. Die Stadtverwaltung versucht, mit städtebaulichen Erhaltungssatzungen gegenzusteuern. Doch offenbar erweisen sich diese als stumpfes Instrument.
Ein Beispiel dafür wird am 29. Januar auf der nächsten Sitzung des Stadtbezirksrats Linden im Freizeitheim zur Sprache kommen. Auf der Tagesordnung stehen Informationen zum Bauvorhaben „Lindenforum“ – Davenstedter Straße 5-7. Der Grundstückseigentümer und Investor ist eingeladen, dort seine Neubaupläne vorzustellen. Für diesen Bereich gilt seit Dezember 2022 eine vom Bezirksrat initiierte Erhaltungssatzung, die den Abriss eines historischen Wohnhauses, des früheren Kiosks und der Hintergebäude – vormals auch Sitz der Künstlergruppe „Gelbe Tasche“ – aber offenbar nicht verhindern kann. Michael Klenke, CDU-Einzelvertreter im Bezirksrat, zeigt sich enttäuscht: „Im Gegensatz zum Denkmalschutz erweist sich so eine Satzung offenbar als zahnloser Tiger!“
Städtebauliche Erhaltungssatzung „Östliche Davenstedter Straße“
Das Ziel der Städtebauliche Erhaltungssatzung „Östliche Davenstedter Straße“ sei „nicht die isolierte Unterschutzstellung des einzelnen Gebäudes, sondern das Ensemble der Gebäude in Gänze, an dem die Entwicklung des Gebiets mit einer dörflichen Vergangenheit und mit erster vorstädtischer Bebauungsstruktur bis zur Stadtwerdung ablesbar ist“, teilt Stadtsprecherin Janine Herrmann auf Anfrage von Punkt-Linden mit. Den rechtlichen Rahmen für solche Satzungen bietet § 172 des Baugesetzbuchs. Danach kann die Gemeinde Gebiete bezeichnen, in denen „der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen“.
Dazu heißt es aus dem Baudezernat: „Durch die beantragte Schließung der Baulücke Davenstedter Straße 5 (Hinweis: wurde 2010 abgerissen) und den Abriss des nicht geschützten Gebäudes Davenstedter Straße 7 wird der Denkmalwert der Baudenkmale Davenstedter Straße 4 und 6 und der Gruppe baulicher Anlagen am Lindener Marktplatz nicht beeinträchtigt“. Die von einem privaten Investor geplanten Neubauten fügten sich in ihrer Lage, Höhenentwicklung, Dachform und Materialität verträglich in das Umfeld ein. Die umgebende Bebauung stelle sich sowohl am Lindener Marktplatz als auch in der Davenstedter Straße durch verschiedene neuere Gebäude unterschiedlicher Datierung durchaus heterogen dar.
Erhaltungssatzung „Südliche Nieschlagstraße“
Nicht weit entfernt vom Lindener Markt gibt es seit 2024 die Erhaltungssatzung „Südliche Nieschlagstraße“. Diese begründete das städtische Baudezernat seinerzeit wie folgt: „Anlass für den geplanten Schutz der städtebaulichen Gestalt durch eine Erhaltungssatzung ist ein in den letzten Jahren zunehmender Verwertungsdruck, besonders auf ältere und niedriggeschossige Gebäude. Veränderungen können dadurch im Einzelfall gesteuert, aber auch verhindert werden.“
Ob damit einer Gentrifizierung entgegengewirkt werden kann und ob Erhaltungssatzungen dafür geeignete Instrumente sind, wird von Beobachtern bezweifelt. In der Nieschlagstraße ist das historische Gebäude Nr. 32 bereits abgerissen. Hier sollen zwei neue Häuser mit insgesamt neun Eigentumswohnungen entstehen, die Baugrube wird derzeit ausgehoben. Auch direkt gegenüber wartet eine Baulücke schon länger auf die Neubebauung.
Diese Investoren scheren sich nicht um das Stadtbild, sondern nur um ihre Geldbörse. Das kommt Linden, aber auch ganz Hannover, bitter zu stehen. Meiner Meinung nach sehen diese Neubauten alle gleich aus, egal in welcher Stadt. Hier wird also ein für Linden typischer Gebäudestil durch einen ersetzt, der überhaupt nicht in das Bild des Viertels passt. Das geht gar nicht! Nicht nur verlieren so Städte ihre Seele, am Ende verliert Linden – und auch ganz Hannover – an Attraktivität.