Warum der Insolvenz der Ihmeplatz-7E-GmbH weitere folgen könnten

Ihmeplatz 7eMit dem Zukunftswerkstatt Ihme-Zentrum e.V. („Zukunftswerkstatt“) hat sich 2017 ein Bündnis zivilgesellschaftlich engagierter Menschen zusammengeschlossen, um mit einer vermittelnden Rolle Bewegung in die im Ihme-Zentrum verhärteten Fronten von Groß- und Kleineigentümern, Kommunalpolitik, Stadtgesellschaft und Stadtverwaltung zu bringen. Strategie der Zukunftswerkstatt war und ist es, das Ihme-Zentrum als Möglichkeitsraum zu begreifen, es zu beleben und zugleich übergreifende Lösungsstrategien zu entwickeln. Mit dem Betrieb eines kleinen Kulturzentrums wurde ein Treffpunkt und Ort des Austauschs geschaffen. Zu den zahlreichen Kulturveranstaltungen hier gehören unter anderem Diskussionsveranstaltungen, Ausstellungen, Konzerte und Filmvorführungen. Demnächst findet ein Beitrag zum Großraum-Entdeckertag statt.

Als die Voreigentümerin der von der Zukunftswerkstatt genutzten Räumlichkeiten im Jahr 2017 aufgrund von rückständigen Hausgeld-Zahlungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten kam, waren 27 Personen aus dem Kreis des Vereins bereit, die angemieteten Räume über die von ihnen zu diesem Zweck gegründete Ihmeplatz-7E-GmbH zu kaufen, um sie weiterhin an die Zukunftswerkstatt zu vermieten.

Diese GmbH musste jetzt als Folge der Zahlungsunfähigkeit der Großeigentümerin Projekt Ihme-Zentrum Hannover (PIZ) GmbH, die zum Firmengeflecht von Lars Windhorst gehörte, aus zwei Gründen Insolvenz anmelden.

Erstens: die drohende Zahlungsunfähigkeit durch die Verdopplung des Hausgeldes

Die Ihmeplatz-7E-GmbH („Ihmeplatz-7E“) vermietet der Zukunftswerkstatt die Räumlichkeiten zum Selbstkostenpreis. Nachdem die PIZ als Großeigentümerin die monatlichen Hausgelder von 300 bis 400.000 € schuldig bleibt, musste dieser Betrag auf die anderen EigentümerInnen umverteilt werden. Das führt zu mehr als einer Verdoppelung der Hausgeld­zahlungen der Ihmeplatz-7E. Die Zukunftswerkstatt war nicht in der Lage, dies über eine Mieterhöhung zu tragen. Entsprechend drohte die Ihmeplatz-7E in die Zahlungsunfähigkeit zu laufen.

Diese Erhöhungen des Hausgeldes betreffen leider alle KleineigentümerInnen des Ihme-Zentrums. Deshalb sind weitere Insolvenzen zu befürchten. Der Prozess könnte sich zu allem Unglück noch einmal beschleunigen, da jeder Zahlungsausfall den Druck auf die noch verbleibenden zahlungsfähigen EigentümerInnen erhöht. Der unveränderliche Kostenblock müsste ständig auf immer weniger Schultern verteilt werden.

Zweitens: astronomisch gestiegener Kostenanteil für die Instandsetzung der Sockelgeschosse

Die Ihmeplatz-7E ist als kleine Gewerbeeigentümerin noch erheblich zusätzlich belastet. Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), vertreten durch deren Sprecher Herr Oppermann, und die Großeigentümerin PIZ schlossen 2020 einen gerichtlichen Vergleich. Der legte fest, dass ausschließlich die GewerbeeigentümerInnen die Sanierungskosten des Sockels in Höhe von mindestens 50 Mio. € aufbringen müssen. Die gewerblichen KleineigentümerInnen – wie die Ihmeplatz-7E – saßen gar nicht mit am Verhandlungstisch. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse wurden sie über Ihren Kopf hinweg zur Kostentragung verpflichtet. Es einigten sich also zwei Verhandlungspartner darauf, dass Dritte die Sockelsanierung überproportional finanzieren müssen, damit sich die EigentümerInnen des Wohnraums nicht beteiligen müssen. Dieser Vergleich wird jetzt für die gewerblichen KleineigentümerInnen zur Falle: Da mit der PIZ gut 95 Prozent der gewerblichen Eigentumsanteile bei der Zahlung ausfallen, müssen die verbleibenden 11 GewerbeeigentümerInnen mit knapp 5 Prozent der Gewerbefläche die gesamten Sanierungskosten des Sockels von mindestens 50 Mio. € stemmen. Nach dem Zahlungsausfall der PIZ wären davon wohl mindestens 2,7 Mio. € auf die Ihmeplatz-7E entfallen; das dürfte ein Vielfaches des aktuellen Wertes der Räume darstellen. Die entsprechenden Erhöhungen könnten nicht nur die Ihmeplatz-7E bei Weitem überfordern und überschulden. Weitere Insolvenzen von GewerbeeigentümerInnen sind auch aus diesem Grund zu befürchten. Mit im Boot sitzt auch die Landeshauptstadt Hannover, der die Räumlichkeiten der Kindertagesstätte im Ihme-Zentrum gehören, und die damit ebenfalls Gewerbeeigentümerin ist.

Die Ihmeplatz-7E unternahm im Mai einen letzten Versuch, die Insolvenz abzuwenden: Die von der WEG eingesetzte Hausverwaltung sollte einem Moratorium für die kostenintensive Sockelsanierung zustimmen, bis zahlungsfähige Nachfolger der PIZ gefunden sind. Da die Hausverwaltung diese Zusicherung ablehnte, musste die Ihmeplatz-7E wegen drohender Überschuldung Insolvenz anmelden.

Auswirkungen für Zukunftswerkstatt und GesellschafterInnen der insolventen Ihmeplatz-7E GmbH

Die Arbeit der Zukunftswerkstatt ist dennoch hoffentlich vorerst nicht gefährdet. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Insolvenzverwalter einen Käufer oder andere Mieter findet ist aufgrund des katastrophalen Zustands des Sockels gering. Damit ist zu hoffen, dass der Mietvertrag mit der Zukunftswerkstatt bestehen bleibt, weil er Einnahmen aus dem Kapital der Ihmeplatz-7E generiert.

Die GesellschafterInnen der Ihmeplatz-7E werden aller Voraussicht nach ihr zivilgesellschaftliches Engagement mit dem kompletten Verlust ihrer Anteile in Höhe von knapp 80.000 € sowie weiterer Privatdarlehen bezahlen. Denn es dürfte ersichtlich schwierig werden, unter den aktuellen Bedingungen einen Käufer zu finden.

Zwei Hinterlassenschaften der Ihmeplatz-7E-GmbH

Zwei wichtige Beiträge hinterlassen die GesellschafterInnen der Ihmeplatz-7E in jedem Fall:

Zum einen wurden im Zusammenhang mit dem Kauf der Räume auch ca. 100 Ordner Statikakten des Ihme-Zentrums mit erworben. Denn in den erworbenen Räumlichkeiten war früher das Statikbüro untergebracht, das die Statik des Gebäudekomplexes gerechnet hat. Diese Ordner wurden der WEG zur Verfügung gestellt. Ohne diese Ordner wären umfangreichere Umbauarbeiten im Ihme-Zentrum gänzlich unmöglich gewesen.

Zum anderen hat die Ihmeplatz-7E bislang schon 50.000 Euro für die Sanierungsarbeiten im Sockel aufgebracht. Ärgerlich erscheint daran allerdings, dass nach den von der Hausverwaltung zur Verfügung gestellten Unterlagen anscheinend nur der halbe Betrag wirklich für die Sanierung der Gemeinschaftsflächen aufgewendet wurde. Die zweite Hälfte verschwand demgegenüber in der Planung eines Einkaufszentrums und anderer Maßnahmen in den Eigentumsflächen der PIZ. Der Versuch der Ihmeplatz-7E, gerichtlich für die korrekte Mittelverwendung zu sorgen, scheiterte. Im gerichtlichen Vergleich zwischen PIZ und WEG war festgelegt, dass die KleineigentümerInnen die Mittelverwendung erst nach Abschluss der gesamten Sanierungsarbeiten überprüfen dürfen. Bis dahin reicht es aus, dass der Beirat der WEG den Zahlungen zustimmt. Diese Zustimmung erteilte der Beirat aus diesseits nicht nachvollziehbaren Gründen.

Kommunalpolitik und Stadtverwaltung sind gefordert: Rettet das Ihme-Zentrum!

Nach dem Ausfall der PIZ-Zahlungen sind die verbliebenen Kleineigentümer mit dem Unterhalt und der Sanierung des Großkomplexes heillos überfordert. Einzig neue Gewerbeeigentümer, die die leer stehenden Flächen sanieren, nutzen und baulich unterhalten, können das Problem lösen. Die Zukunftswerkstatt hat mit der Denkschrift ein Konzept vorgelegt, wie der Stadtgesellschaft die Rettung dieses Stadtteils mit ca. 1.500 BewohnerInnen und für 1.500 Beschäftigten gelingen kann. Vorgestellt wird,

  • wie Bedingungen geschaffen werden können, damit lokale Investoren als Hannoverkonsortium für die Neubelebung sorgen
  • wie eine Verknüpfung mit den umliegenden gut funktionierenden Stadtteilen, den Nutzungszusammenhängen und den Wegeverbindungen sowie der Ihme-Aue gelingt.

Leider konnten sich Kommunalpolitik und Stadtverwaltung bislang aber nicht einmal durchringen, die wirtschaftlichen, rechtlichen und städtebaulichen Grundlagen für ein Sanierungskonzept als vorbereitende Untersuchung zusammenstellen zu lassen. Dies ist erforderlich, um Unterstützung von Land und Bund einwerben zu können. Es ist an der Zeit, dass die Kommune die Verantwortung für die Lösung der Probleme übernimmt, die sie zuvor für die Entstehung der Probleme hatte. Sie darf nicht weiter tatenlos zusehen, wie weitere Kleineigentümer in den wirtschaftlichen Ruin getrieben werden.

Bildnachweis: Gerd Runge

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