Der Lindener Künstler Karl-Heinz Bethmann verstarb am 5. November 2023.
Karl-Heinz Bethmann ist am 3. Mai 1952 in Schwüblingsen bei Uetze geboren und auf dem Bauernhof seiner Eltern aufgewachsen. Er empfand es als Glück, dass dem älteren Bruder der Hof zustand und er anderswo seine Fähigkeiten für ein Berufsleben erlangen sollte. Nachdem er eine Tischlerlehre absolviert hatte, wollte er seine eigene Formsprache entwickeln und wählte für sich den Weg in einen freien Künstlerberuf.
Ab 1976 studierte Karl-Heinz Bethmann Bildhauerei an der Fachhochschule für Kunst und Design in Hannover bei Prof. Helmut Rogge und Dietrich Klakow. Er konnte dem deutschen Bildhauer Rolf Szymanski (1928 – 2013) mit seinen bronzenen Skulpturen vergleichsweise viel abringen und wendete sich für ein eigenes Thema in der Kunst der Darstellung von Bewegung zu.
Ab 1978 fuhr Karl-Heinz Bethmann zweimal für jeweils ein halbes Jahr nach Kathmandu und konnte dort in einem Familienbetrieb die traditionellen Methoden des Messinggusses am Himalaja erlernen. Diese Fähigkeiten, zum Teil unter primitivsten Methoden zu beherrschen, brachte ihn seinem Lebensziel ein großes Stück näher.
Zurück im Studium, schaffen Bethmann und Klakow die nötigen Voraussetzungen, um den Bronzeguss in den Werkstätten der Künstlerausbildung zu etablieren. Später wird er es mit Schülern bei dem Bildungsträger Werk-statt-Schule e.V. in Hannover umsetzen.
Karl-Heinz Bethmann war zeit seines Lebens neugierig und hat sich als Entdecker und Erfinder bezeichnet. Seine Materialien sind Holz, Gips, Stahl und Bronze. Stets hat er sein bildhauerisches Schaffen mit Zeichnungen entwickelt und erklärt. Die Lithografie wird sein Mittel, um kleinere Auflagen seiner Zeichnungen zu drucken.
In der Kunsthochschule lernt er den Kommilitonen Herbert Hundrich kennen. Beide verbindet das ausgewählte Material und die Umsetzung ihrer künstlerischen Gedanken miteinander. Es gibt einen regen Austausch und viele Übereinstimmungen über die Zukunft, sich als freischaffender Künstler in der Gesellschaft durchzusetzen. Sie beziehen ein Atelier auf dem Hinterhof in der Limmerstraße 16 in Linden. 1983 schließt er sein Studium mit dem Diplom ab und haucht fortan als freischaffender Bildhauer und Plastiker seinen künstlerischen Ideen Leben ein.
Ab 1983 trat er mit Herbert Hundrich bei Aktionen, Symposien und Ausstellungen auf, wie z.B. auf dem Dach der Werkstatt Südstadt, heute Eisfabrik und auf dem Waterlooplatz in Hannover. Die gemeinsame Zeit endete, da sich Hundrich 1986 nach Frankreich verabschiedet.
Karl-Heinz Bethmann schließt sich der Künstlergruppe „Kunstbüro“ an, mit der er später im hannoverschen Kubus und in Celle ausstellte.
In den Jahren 1989/90 bekommt Karl-Heinz Bethmann einen Lehrauftrag an der Fachhochschule Hannover, als vorübergehende Nachfolge für Dietrich Klakow. Danach findet er an seine Geburtsstätte Uetze, im Ortsteil Schwüblingsen zurück, wo er von der Gemeinde ein Haus zur Verfügung gestellt bekommt, das er als Atelier nutzen darf.
Karl-Heinz Bethmann war bodenständig und hat sich zeitlebens auf sein handwerkliches Können verlassen. Mit der Abneigung zu längerfristigen Arbeitsverhältnissen garantierte er sich Freiheit und Unabhängigkeit. Geld und Wohlstand waren ihm unangenehm, der Weg zurück nach Schwüblingsen sicherte seinen Unterhalt. Das leer stehende Haus bietet ideale Arbeitsbedingungen. Trotz der Abgelegenheit dieses Ateliers erwies es sich als eine gelungene Förderung seines Kunstschaffens. In Hannover hatte er noch eine kleine Wohnung, in der Lindener Eleonorenstraße 19, um den Draht zur Großstadt nicht zu verlieren.
Karl-Heinz Bethmann wollte in seinen Arbeiten alles Schwere umgehen und Leichtes und Gefügiges einfangen und einfrieren. Viel Anregung bekam er durch die Ausdruckstänzerin Ursula Wagner, mit der er seine Kunst zu einem multimedialen Spiel unter dem Namen „Transung“ zusammenfügte. Bühnenbildnerische Arbeiten bei Theaterprojekten folgten.
Zeichnungen und Bronzen von Karl-Heinz Bethmann sind stets von Statik geprägt und in der Wirkung spielerisch und leicht. Die aufgespaltenen Holzstelen, bizarren Schweißarbeiten und verknoteten Entwürfe in Terrakotta stellen oft Bewegung dar und lassen Beziehungen sichtbar werden, sind ausdrucksstark und reihen sich in das Thema Performance ein. In seinen abstrahierten Entwürfen von Skulpturen lassen sich Strukturen des Ursprungsmaterials erkennen. Die unterschiedlichen Oberflächen verkörpern den zierlichen, zum Teil feinsinnigen Ausdruck des Objektes und konkurrieren miteinander. Die Veredelung durch den Bronzeguss schafft den Sprung in die Galerien.
Karl-Heinz Bethmann lebte sein Leben vor dem Tod und verstarb am 5. November 2023 plötzlich und unerwartet in seinem Atelier in Schwüblingsen.
Ulrich Barth