Im vergangenen Jahr verstarb am 30. Mai ganz unerwartet der Lindener Autor und Journalist Hans-Jörg Hennecke drei Monate vor seinem Geburtstag, dem 31. August. Er hatte seit Jahrzehnten in der Davenstedter Straße 15 gewohnt, dort wo ein kleiner Durchgang die Davenstedter Straße mit der Schwalenberger/Egestorffstraße verbindet.
Auf Beschluss des Bezirksrates Linden-Limmer wird dieser bisher ungewidmete Weg am Montag, 31. August 2015 um 17:00 Uhr nun offiziell der „Hans-Jörg Hennecke Gang“. Das Wohnhaus erhält parallel den Namen „Lindemann-Haus“ zur Erinnerung an Hans-Jörgs langjähriges Pseudonym, unter dem er auch im LINDENSPIEGEL über Jahre seine Kolumnen auf der letzten Seite geschrieben hat.
Zur Einweihung werden seine Freunde und Wegbegleiter sowie Vertreter des Bezirksrates Linden-Limmer kurze Ansprachen zur Erinnerung an Lindens aktivsten Autor der zurückliegenden Jahre halten. Im Anschluss wird es noch ein gemütliches Beisammensein auf dem Platz hinter dem Lindemann Haus, bei „Herri“ vom Fass und dem „Reinen Wort Gottes“, Hans-Jörgs Lieblingsgetränk, geben.
Es sind dazu alle herzlichst eingeladen!!!
Himmeliswatchingyou
Natürlich können wir nicht wissen, wie der Herrgott den Himmel gestaltet hat. Er ist ein großer Geheimniskrämer, der niemanden über den Rand schauen lässt und von Mitbestimmung kann schon gar keine Rede sein. Wissen gibt es nicht, dem Menschen bleibt allein der Glaube. Trotzdem hat Lindemann seine eigene Philosophie von diesem wichtigen Abschnitt der persönlichen Zukunft. Er stellt sich den Himmel als eine Art höhergelegte Limmerstraße vor. Da flanieren bei durchweg schönem Wetter Mama und Papa zur Eisdiele, zuweilen begleitet von Onkel Rudolf und Tante Ilse. Für den notwendigen Service stehen Engel zur Verfügung, für das Zurechtfinden im Gottesstaat sorgen himmlische Kontaktbeamte. Allerdings gibt es hier eine Unwägbarkeit, die Lindemann äußerst unangenehm ist. Er sieht seine Altvorderen zwar nicht, aber er ahnt sie wandeln – und wie ist das umgekehrt? Seit einiger Zeit fühlt sich Lindemann von oben beobachtet, da fallen ihm sperrige Sinnsprüche von anno dunnemals ein. Er weiß ziemlich genau, was sein Vater sagte, als er den ersten Fünfer im Zeugnis nach Hause brachte. „Na gut, wirste eben Straßenfeger“, hat er verkündet. Aus heutiger Sicht eine Aussage ohne Drohkraft. Schließlich sind die Jobs bei „aha“ mächtig gefragt, weil krisenfest. Wenn Lindemann am Abend das dritte Bier und den zweiten Wodka bestellt, bekommt er zuweilen Gewissensbisse. Nicht weil seine Leber etwa eine sichtbare Ausbuchtung am Bauch verursacht. Es sind eher die absehbaren Kommentare von Vater und Mutter („Alkohol macht dumm“), sowie Tante Ilse („Nicht in meiner Wohnung“), der er an einem Weihnachtsabend vor gefühlt annähernd hundert Jahren nach dem Genuss einer kleinen Flasche Eierlikör in den Tannenbaum reiherte. Schwatzhaft wie die Alten sind, haben sie alle einschlägigen Erlebnisse mit Lindemann dort oben vermutlich längst weitergetratscht. Wenn Lindemann dereinst eintrifft, erbebt die höhergelegte Limmerstraßein einem Sturm von Gelächter und alles zeigt mit Fingern und Engelsflügeln auf ihn. Diese Gedanken hemmen Lindemann in seiner Bewegungsfreiheit. Schwarzfahren oder Rotgang über die Ampel kommen schon gar nicht mehr in Frage. Das himmlische Gegrummel würde vermutlich sofort Scharen von Kontrolleuren auf den Plan rufen. „Wir kommen alle, alle in den Himmel“, sangen die Alten bei ihren stimmungsvollen Geburtstagsfeiern. „Weil wir so brav sind“, hieß die rhythmische Begründung. Dabei war das reine Propaganda. Lindemann hat Onkel Rudolf beobachtet, wie er vor dem Autoverkauf den Kilometerzähler zurückschnurren ließ. Oder seinen Vater, wie der jährlich seine Steuererklärung frisierte. Aber die Alten haben ihre Absolution. Vergebung der Sünden, Auferstehung und ewiges Leben. Und Lindemann steht da, mit beiden Beinen im Leben, ächzend unter der Last der Erbsünde, dazu addiert seine eigenen Verfehlungen. Die Bibelworte „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“, sind bei ihm angekommen. Hoffentlich reißen ihn die Alten nicht durch dumme Sprüche da oben rein. Lindemann glaubt zu wissen: Der Herrgott kann sehr zornig werden.