Seit dem Jahr 1911 hat die Posthornstraße 30 in Linden-Mitte einen festen Anlaufpunkt: ein Tabakwarengeschäft, das sich im Laufe der Zeit zu einem vielseitigen Geschäft entwickelt hat, das weit mehr als nur Tabakwaren anbietet. Heute finden Kunden hier eine breite Auswahl an Papier- und Schreibwaren, Zeitungen, Zeitschriften, Süßigkeiten und Getränken. In einer Zeit, in der solche Geschäfte selten geworden sind, bleibt das Kivelitz-Geschäft eine Ausnahme.
Die Geschichte des Geschäfts begann, als der ursprüngliche Besitzer des im Jahr 1911 gegründeten Geschäfts im Jahr 1929 pleite machte. Fritz Kivelitz sah darin eine Gelegenheit und eröffnete ebenfalls ein Tabakwarengeschäft in dem Laden. Anfangs beschränkte sich das Angebot auf verschiedene Zigarettenmarken, Zigarren, Pfeifen und Zubehör.
In den 1930er-Jahren waren die beliebtesten Zigarettenmarken in Deutschland Reval von der Firma Reemtsma, HB (Haus Bergmann) von Bergmann & Co., Prima, Ernte 23 ebenfalls von Reemtsma und HBV, die Abkürzung für „Haus Bergmann Vaterland“. Zu dieser Zeit rauchte die Mehrheit der Bevölkerung, was Fritz Kivelitz ein stabiles Geschäftsumfeld bot. Das Einkaufen beschränkte sich damals auf die Nachbarschaft, und allein in der Posthornstraße gab es in der Nachkriegszeit 14 verschiedene Geschäfte, die von Fischhändlern bis zu Metzgern reichten. Die Geschäftsbedingungen waren jedoch schwierig, da auch die Lindener nur wenig Geld zur Verfügung hatten. Dank seines Engagements und seiner Stammkunden konnte das kleine Geschäft von Fritz Kivelitz überleben.
Im Jahr 1949 wurde das Geschäft zu einer Toto-Annahmestelle, und 1956 wurde es um eine Lotto-Annahmestelle erweitert. In den 1960er-Jahren wuchs das Sortiment mit Spirituosen, Zeitungen und Zeitschriften weiter an. Ab 1963 half Fritz Sohn Herbert im Laden mit. In dieser Zeit ging der Tabakumsatz leicht zurück, da der Konsum in der Bevölkerung insgesamt sank. Dies führte zur Einführung von Schreibwaren im Sortiment.
Herbert Kivelitz übernimmt
Im Jahr 1982 übernahm Herbert Kivelitz das Geschäft von seinem Vater nach 53 Jahren. Zuvor hatte er eine Ausbildung zum Großhandelskaufmann für Papier und Schreibwaren in einem anderen Unternehmen absolviert. In den folgenden Jahren wurde das Sortiment um Schreibwaren und Bürobedarf erweitert, und auch der Verkauf von Üstra-Fahrkarten sowie die Annahme von Hermes-Paketen wurden hinzugefügt. Außerdem begann das Geschäft, alkoholfreie Getränke und Bier in Kisten anzubieten. In dieser Zeit wurden diese Produkte noch in der unmittelbaren Nachbarschaft gekauft. Ansonsten bot das Geschäft Süßigkeiten, Glückwunschkarten, Briefmarken, Fotokopien und sogar Ulbrich-Kaffee sowie Milch im Tetrapak an. Das Sortiment umfasste auch Farbbänder für Schreibmaschinen, Kohlepapier und große Tintenfässer. Einige Produkte zu beschaffen, insbesondere in kleinen Mengen, war jedoch aufgrund des schwindenden Angebots an Großhändlern schwierig.
Um sicherzustellen, dass das Geschäft auch in Zukunft fortbesteht, übergab Herbert Kivelitz es am 1. Januar an seinen langjährigen Mitarbeiter Oliver Döhring, der bereits 34 Jahre im Geschäft tätig ist. Döhring hat sogar eine Wohnung neben dem Geschäft bezogen, um seine Präsenz zu gewährleisten. Auf die Frage, was er an seinem Geschäft ändern möchte, antwortete der neue Inhaber, dass er nichts ändern möchte, da das bestehende Sortiment gut zu den Kunden passt. Viele Stammkunden kaufen hier regelmäßig ein, darunter auch Schüler der Helene-Lange-Schule und der IGS Linden. Das Sortiment wird kontinuierlich um neue Produkte erweitert und diese Tradition wird auch in Zukunft fortgeführt.
Im Durchschnitt kommen täglich etwa 250 Kunden in das Geschäft, berichtet Herbert Kivelitz. Die Öffnungszeiten sind seit Jahren werktags durchgehend von 7:00 bis 18:30 Uhr, samstags wird um 13:00 Uhr geschlossen. Kioskbetrieb bis in die Abendstunden oder sogar sonntags wird es jedoch nicht geben, da Herbert Kivelitz das stets abgelehnt hat.
In seinen 74 Lebensjahren hat Herbert Kivelitz mehr Zeit im Geschäft verbracht als zu Hause. Auch in Zukunft wird er seinen Nachfolger weiterhin aktiv unterstützen, da ein weiterer Mitarbeiter im letzten Jahr aufgehört hat. Zwar wird er nicht mehr jeden Morgen um 7 Uhr da sein, er plant sich verstärkt um Haus und Garten zu kümmern, da der Gärtner Bandscheibenprobleme hat. Andere Pläne gibt es derzeit nicht, was zeigt, dass sein kleines Geschäft mit dem umfangreichen Sortiment sein Lebenswerk ist.