„Wer ist hier eigentlich zuständig?“ Das fragen sich nicht nur Teilnehmer*innen des Flashmobs, zu dem sich spontan am letzten Freitagnachmittag rund 70 Menschen auf dem Fußweg vor dem ehemaligen Kiosk in der Davenstedter Straße 5 in Linden-Mitte versammelt haben. Auch drei Polizeibeamte, die ihren Streifenbulli auf der anderen Straßenseite geparkt haben, vermissen eine Versammlungsleitung. Sie seien „zur Beobachtung und zur Gefahrenabwehr“ da, verrät einer von ihnen. Einschreiten müssen die Polizisten nicht, nach knapp zwei Stunden sind alle Beteiligten wieder verschwunden.
Vor zwei Wochen hatte es am Markttag bereits eine kurze, symbolische Besetzung des Grundstückes gegeben. Hintergrund ist der geplante Abriss der Altgebäude, um zwei Wohnhäuser mit hochpreisigen Eigentumswohnungen zu errichten. Das lockere Meeting am Freitag diente dazu, Ideen für Nutzung der Fläche zu entwickeln und Alternativen zu Abriss und luxuriösem Neubau aufzuzeigen.

Der Ablauf des Treffens – an dem auch einige Bewohner*innen aus den Nachbarhäusern teilnahmen – erinnert den Betrachter ein wenig an ein Uni-Seminar: Es gibt für alle Teilnehmer*innen Namensschilder zum auf die Brust kleben, Nutzungsideen werden mit dickem Filzer auf Moderationskarten geschrieben und von „Ronja“ vom Kiez-Kollektiv zur weiteren Debatte in drei Kleingruppen an die Front des Kiosks geklebt. Die damit dokumentierte Ideenbörse reicht von „Streichelzoo“ über „Kampfsportarena“ bis zu „Tinyhaussiedlung“. „Lasst uns einfach mal träumen“, meint eine junge Frau dazu. „Sei realistisch, fordere das Unmögliche“, könnte das Motto dieser Ideenbörse gewesen sein.
Einen Input leistet „Claudia“ von der Künstler*innengruppe „Zur Gelben Tasche“. Diese ist bis Oktober 2024 in einem der Hofgebäude aktiv gewesen und musste in ein Vahrenwalder Gewerbegebiet umziehen. Auch „Kathie“ – Katharina-Sophia Gerking für die SPD stellvertretende Stadtbezirksbürgermeisterin von Linden-Limmer – bringt sich mit wichtigen Informationen insbesondere zur baurechtlichen Lage in das Treffen ein.
Seit 2021 heißt der Grundstückseigentümer Yakup Gencer mit Firmensitz in Ronnenberg. Der Unternehmer hat von der Stadt für seine Neubaupläne bereits eine Baugenehmigung bekommen. Mit ihm haben die Aktivist*innen für letzten Samstagmittag einen Gesprächstermin vor Ort vereinbart. Dazu muss die kleine Gruppe der Verhandlungsführer – unter ihnen auch Architekt Gerd Runge und Grünen-Bezirksrat Steffen Mallast – nicht lange auf Herrn Gencer warten. „Das Gespräch ist gut verlaufen“, sagt hinterher einer der Beteiligten. Allerdings gehen die Preisvorstellungen – die Rede ist von rund drei Millionen – für einen Rückverkauf der Grundstücke weit auseinander. Trotzdem wolle man weiter miteinander sprechen. Für nächsten Freitag um 17:30 Uhr ist ein erneutes Treffen der Aktivist*innen-Gruppe vor Ort geplant. Dann soll über das weitere Vorgehen beraten werden.