UPDATE – Brückenverbindung an der Wasserkunst bleibt längerfristig gesperrt

Collage mit Kanalbrücke und Schild, welches über die Sperrung bis Ende März informiert.Natürlich ist die Sache mit dem Bike Puller aus den Fingern gesogener Unsinn. Und natürlich ist heute der erste April. Richtig ist aber, dass der auf an der Baustelle angebrachten Schildern genannte Termin Ende März nicht gehalten wurde. Am 13. März antwortete die Stadt einem Twitter-User auf die Frage, ob dieser Termin noch realistisch sei, dass man nun von der zweiten Aprilhälfte ausginge.

@hannover auf Twitter am 13. März 2023: „Wir gehen zurzeit davon aus, dass die Maßnahme in der zweiten Aprilhälfte beendet wird und die Brückenkonstruktion (inkl. der neuen Rampenanlage) wieder freigeben werden können.“

Betrachtet man den bisher eher schleppend anmutenden Bauverlauf und wirft aktuell einen Blick über Bauzaun, gewinnt man den Eindruck, dass auch dieser Termin wieder fragwürdig ist. Denn deutlich erkennbar fehlen noch sämtliche Tiefbauarbeiten, um die neue Rampenanlage an die vor der Wasserkunst verlaufende Brücke und an das Wegenetz anzubinden.

Die marode „Stolpertreppe“ am nordöstlichen Ende der Brücke durch eine barrierefreie Lösung zu ersetzen, ist begrüßenswert. Trotzdem sind viele Menschen durch die Sperrung, die nicht unerhebliche Umwege notwendig macht, genervt. Durch die wiederholte Nennung überambitionierter und nicht haltbarer Termine für die Fertigstellung und die Aufhebung der Sperrung durch die Stadt wird das kaum besser. Warum man bei der Kommunikation solcher Terminen keine zeitlichen Puffer einplant, ist unverständlich.


[Achtung April-Scherz!]

Gebäude der Herrenhäuser Wasserkunst von Bauzaun umgeben
Bauzaun vor der Wasserkunst versperrt den Weg

Immer noch laufen die Bauarbeiten an der Rampenanlage, die künftig den barrierefreien Zugang zu den Brücken über das Leine-Wehr und den Leine-Verbindungskanal ermöglichen soll. Begonnen wurde das Bauvorhaben im April 2022. Seit dem ist diese von Radfahrern und Fußgängern viel genutzte Verbindung zwischen den Stadtteilen Limmer und Herrenhausen über die Leine gesperrt. Auch die Nutzung der Grünzone entlang der Leine als Naherholungsgebiet ist durch die Sperrung einiger Wege beeinträchtigt.

Planänderung

Ursprünglich angestrebt war die Fertigstellung im November 2022. Zu diesem Zeitpunkt war aber nicht mal der Rohbau der Rampenanlage fertig. Die Stadt nannte seinerzeit als neuen Termin für die Inbetriebnahme gegenüber Punkt-Linden das Frühjahr 2023.  Auf Hinweisschildern an der Baustelle kündigte man zwischenzeitlich eine Fertigstellung Ende März an. Diese Schilder wurden inzwischen wieder entfernt. Aktuell lässt ein Blick über den Bauzaun ahnen, dass auch dieser Termin Ende März nicht eingehalten wurde. Weder sind die Rampenanlage als solche, noch die notwendigen Tiefbauarbeiten zum Verbinden der Anlage mit dem Wegenetz fertiggestellt. Anlässlich des ersten Jahrestages der Baustelle hat sich Punkt-Linden bei der Stadtverwaltung nach dem Stand der Dinge erkundigt.

Bauarbeiten ruhen

Brückenverbindung an der Wasserkunst
Bereits verlegtes Pflaster wird wieder aufgenommen

Laut Presse-Team der Stadt sei damit zu rechnen, dass sich die Baumaßnahme und damit verbundene Behinderungen noch bis mindestens Mitte 2024 hinziehen werden. Die Arbeiten habe man aktuell in einen „Ruhemodus“ versetzt. Dies sei durch eine gleichermaßen kurzfristige wie grundlegende Planungsänderung notwendig geworden. Die Stadtverwaltung habe sich entschlossen, auf der Rampenanlage einen sogenannten Bike Puller (deutsch: „Fahrradzieher“) zu installieren.

Bike Puller – Import aus Neuseeland

Verlegung von Rohrleitungen an der neuen Rampenanlage in einem Graben.
Verlegung von Stromleitungen

Beim Bike Puller handelt es sich um eine Art Schlepplift, mit dessen Hilfe Fahrräder, insbesondere schwer beladene Lastenräder, bei der Bewältigung der Steigung auf der Rampe unterstützt werden. Solche Systeme greifen die Funktionsweise von Ski-Lifts auf, mit dem Unterschied, dass die Schleppstange hinter den Sattel des Rades greift, um die Traktion herzustellen.

Aktuell prüfe die Verwaltung verschiedene Anbieter solcher Systeme bezüglich Kosten und Eignung. Auf der Baustelle werden derzeit nur Arbeiten ausgeführt, die unabhängig von dem zu installierenden Schleppsystem erledigt werden können. So werden bereits Leitungen für die Stromversorgung in den Untergrund eingebracht. Das bereits auf der Rampe verlegte Pflaster wird wieder aufgenommen, um Führungsschienen für die zu befördernden Räder anzubringen. Die Idee für solche Systeme kommt ursprünglich aus dem bergigen Neuseeland, wo bereits erfolgreich eingesetzt werden. Nun soll diese innovative Technik auch in Hannover im Rahmen der Verkehrswende zum Einsatz kommen. Damit möchte man Hannovers Rolle als innovationsfreudige Fahrradstadt und Vorreiter bei der Mobilitätswende unterstreichen.

Wasserkunst liefert Energie

Wasserrrad der Herrenhäuser Wasserkunst
Wasserrad in der Herrenhäuser Wasserkunst

Um das System mit der notwendigen elektrischen Energie zu versorgen, hat man ambitionierte Pläne hinsichtlich energetischer Nachhaltigkeit. Die 2019 fertig sanierte Wasserkunst soll künftig mit Wasserkraft der Leine den Strom für den Bike Puller liefern. Die beiden 16 Meter großen Wasserräder werden Generatoren antreiben. Durch versteckte Montage der Aggregate wird der Charakter als Technologiedenkmal mit seinen über 150 Jahre alten Pumpen der früheren Lindener Maschinenfabrik Georg Egestorff bewahrt. Für Phasen, in denen die Leine nur wenig Wasser führt, ist ergänzend eine vollflächige Fotovoltaikanlage auf dem Dach vorgesehen. Hierzu laufen bereits Abstimmungen mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde.

Stadtrat wird umgangen

Die Entscheidung für die Planungsänderung und die damit verbundenen, erheblichen Investitionen hat die Verwaltung ohne Beteiligung des Stadtrates getroffen. Für das Projekt sind rund 6 Millionen Euro veranschlagt, die teils aus der Stadtkasse, teils aus Fördermitteln des Landes kommen. Es sei laut Stadt nicht notwendig, den Rat an den Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Dies ermögliche das im Januar vom niedersächsischen Landtag relativ geräuschlos verabschiedete Verkehrswendeinnovationsförderungsgesetz, welches den niedersächsischen Kommunalverwaltungen neue, weitreichende Entscheidungsspielräume bei Verkehrsinfrastrukturprojekten zur Dekarbonisierung einräumt. Inwieweit sich die demokratischen Gremien Hannovers dieses restriktive Vorgehen gefallen lassen werden, bleibt abzuwarten.

Bildnachweis: Martin Illmann, Twitter