Sie hat viel bewegt
Ein „Wir-Gefühl“ schaffen, Menschen zusammen- und gemeinsam Dinge mutig voranbringen, das war das Prinzip von Anne Barkhoff. Sie engagierte sich in ganz unterschiedlichen beruflichen und ehrenamtlichen Rollen seit den 1970er-Jahren für das Gemeinwesen in Linden und Limmer.
Geboren auf einem Bauernhof in Ostfriesland wuchs Anne zunächst zweisprachig auf: Nach Plattdeutsch lernte sie Hochdeutsch. In der Realschule hatte sie noch keine Ahnung, welchen Beruf sie ergreifen sollte und kannte niemanden mit Abitur. Es fehlten weibliche Vorbilder. Auf dem zweiten Bildungsweg machte sie in Emden die Fachhochschulreife und an der damaligen Ev. Fachhochschule in Hannover ihr Examen als Diplom- Sozialarbeiterin. „Se is min, aber toi“ (klein, aber zäh) sagten die Nachbarn.
In den aufregenden und anregenden 1970er Jahren schien alles möglich, politisch wie persönlich. Die Welt würde verändert werden! Willy Brandts „Mehr Demokratie wagen“ blieb für Anne unvergessen und prägend. Sie fühlte sich nicht als Teil der Frauenbewegung, aber als Feministin. 1979 heirateten Anne und Ernst, der ihren Namen annahm, was zu diesem Zeitpunkt erst seit kurzem möglich war.
Das Streben nach Sicherheit und Reichtum fand sie spießig. „Ich habe immer einen Mangel an Respekt vor Titeln oder Reichtum gehabt“, schrieb sie in ihrer Lebensgeschichte. Anne wollte etwas tun, etwas bewegen. Als städtische Gemeinwesenarbeiterin arbeitet sie in der Stadtteilsanierung seit 1977 in Linden-Nord und anschließend in Linden-Süd. Sie hat die international zusammengesetzte Mietergruppe Linden-Nord mitgegründet. Sie wirkte 1978 mit bei der Gründung des Stadtteilforums Linden-Nord. Sie baute die Wohnungsgenossenschaft Selbsthilfe Linden mit auf und qualifizierte sich als Wohnungskauffrau.
Von 1989 bis 2001 war sie Vorsitzende des Trägervereins des Spielhauses in Linden Nord. Anne erwirkte die Sanierung des Gebäudes, organisierte eine Kinderpsychologin für besonders hilfebedürftige Kinder und Kindertanzgruppen bekamen eine professionelle Anleitung finanziert.
Im Jahre 2005 ergriff sie die Initiative zur Gründung des Fördervereins Fössebad und war über viele Jahre erste Vorsitzende.
Sie zog 1999 mit ihrer Tochter und ihrem Mann von Linden-Nord in eine behindertengerechte Wohnung im Ahrberg-Viertel nach Linden-Süd. Fortan engagierte sie sich für die Gründung des Stadtteilforums und die soziale Stabilisierung von Linden-Süd. Die nach drei Frauen benannten beiden neuen Plätze und ein Weg gehen auf ihre Initiative zurück.
Seit 1991 war sie Mitglied im Bezirksrat und ab 1996 bis 2000 auch Bezirksbürgermeisterin in Linden-Limmer. Sie liebte ihre sozialen Kontakte zur ganzen Bandbreite der Lindener Milieus. Ein gutes Namen- und Personengedächtnis halfen ihr. Sie kannte viele Lindener Familien. Sie organisierte Stadtteilfeste, Gartenaktionen und Hoffeste mit Hausgemeinschaften, um Nachbarschaft und Integration zu fördern. Während ihrer Arbeit in der Wohnungsgenossenschaft Selbsthilfe Linden und später als selbstständige Verwalterin entwickelte sich ein nachhaltiges auf Gegenseitigkeit ruhendes Vertrauensverhältnis zu einer Reihe Lindener Handwerksbetriebe.
Anne hatte keinen leichten Lebensweg. Weder Abitur und Studium noch Gesundheit waren ihr in die Wiege gelegt. Aber solange sie konnte, strahlte sie Optimismus, Engagement und Verständnis für andere aus. Gegen eine mit den Jahren sich stetig verschlimmernde Krankheit gab es kein Mittel. Anne wurde 67 Jahre alt. Sie hinterlässt ihren Mann Ernst Barkhoff und Tochter Thea mit Lebenspartner Dominique und ihrer Enkeltochter Faye. Sie hatte fast 60 Jahre ein erfülltes und gutes Leben.