Knapp vorbei ist auch daneben:
Im Dezember freuten sich Regionspräsident Steffen Krach, Tiefbaufachbereichsleiter Andreas Bode, ÜSTRA-Vorständin Elke Maria van Zadel und Infra Geschäftsführer Christian Weske in der Veröffentlichung der Region Hannover über „Drei Hochbahnsteige in sechs Tagen“. Doch so einfach, wie dieser Titel es suggeriert, war der Bau der Hochbahnsteige nicht. Es dauerte mehrere Jahre, bis für die drei Hochbahnsteigen die stolze Summe von 51 Millionen € verbaut war. Dagegen ist der jetzt fertig gestellte und morgen offiziell eröffnete Hochbahnsteig in der Limmerstraße am Freizeitheim mit 11,5 Millionen schon fast ein Schnäppchen.
Im Jahr 2010 hatte Thomas Siefer vom Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und -Betrieb eine umfangreiche Studie vorgelegt. Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, ob der Ausbau und Betrieb der Stadtbahn-Linie 10 mit den in Hannover üblichen Hochflurbahnen mit Hochbahnsteigen oder mit den inzwischen fast allen anderen Städten gängigen Niederflurfahrzeugen kostengünstiger und besser ist. Ergebnis waren leichte Kostenvorteile für die Hochflurtechnik. Die kommunale Politik folgte dem Ergebnis der Studie und beschloss den Ausbau mit Hochbahnsteigen.
Durch die jetzt bekannt gewordenen tatsächlichen Baukosten kommen nun ganz erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung auf: Unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Baupreissteigerung wurden die Kosten für einen Hochbahnsteig im oben genannten Gutachten mit 4,5 Millionen € angegeben. Verglichen mit den tatsächlichen Kosten von 11,5 -17 Millionen ergibt sich eine inflationsbereinigte Steigerung von 250 bis 370 %. Wenn wir den Durchschnittswert für die vier fertig gestellten Hochbahnsteigen zugrunde legen und das mit den 11 Haltestellen der Linie 10 multipliziert, ergeben sich inflationsbereinigt Mehrkosten für die Hochbahnsteige von stolzen 120 Millionen gegenüber den Zahlen aus dem Gutachten.
Die von der Infra mit der Öffentlichkeitsarbeit beauftragte Agentur Hannovercontex wollte sich zu diesen immensen Kostensteigerungen nicht äußern. Sie verwies lediglich darauf, dass die Kosten für die Hochbahnsteige zu 75 % vom Land bezuschusst werde. Außerdem würde die Infra lediglich die von der Politik beschlossene Bauvorhaben umsetzen. Die Politik hat sich auf die Gutachtenden verlassen. Die schrieben wiederum (S. 87):
„Bei der Kostenschätzung wurde auf die Befragung der Verkehrsunternehmen, die Erfahrungen der üstra, der Infrastrukturgesellschaft Region Hannover und der TransTec Bauplanungs- und Managementgesellschaft Hannover zurückgegriffen.“
Bleiben also zwei – für die städtischen Verkehrsbetriebe wenig vorteilhafte Erklärungsmöglichkeiten:
- Die städtischen Verkehrsbetriebe haben ihre Baukosten nicht im Entferntesten im Griff
- Durch geschönte oder gar manipulierte Kostenangaben wurde eine für die Steuerzahlenden extrem teure Fehlentscheidung gefällt. Leidtragende sind darüber hinaus die von den Baustellen und Hochbahnsteigen in der Limmerstraße geschädigten Geschäftstreibenden und die Radfahrenden in der Limmerstraße. Für die wird neben den zahlreichen Straßenbahn- und Bushaltestellen nicht mehr genügend Platz im Straßenprofil zur Verfügung stehen.
Da noch sieben verteuerte Hochbahnsteige gebaut werden müssen, ist es an der Zeit zur Kosteneinsparung die Fehlentscheidung zu überdenken.