Interview mit Hans-M. Krüger und Jörg Smotlacha zur aktuellen Situation bei FAUST
Hans-Michael Krüger fing 1995 bei FAUST als Mitarbeiter an. Einer seiner Schwerpunkte war der Veranstaltungsbereich. Seit 2014 ist der 64-jährige Sozialpädagoge jetzt Geschäftsführer. Jörg Smotlacha ist seit 2006 FAUST-Pressesprecher.
Durch die Corona-Pandemie leiden ja auch die Kulturbetriebe. Wie geht es FAUST?
Krüger: Ja, es ist natürlich ein Problem, wenn man sein Vereinsanliegen, nämlich Kultur anzubieten, nicht ausüben kann. Wir sind tatendurstig, können aber unter den Bedingungen nicht allzu viel tun. Insgesamt sind die Veranstaltungsausfälle nicht nur schade für alle Kulturtreibenden und -interessierten, sondern natürlich auch für uns Anbieter. Schließlich haben wir durch die ausgefallenen Veranstaltungen keine Einnahmen. Auch in der Gastronomie hakt es dann natürlich. Wir arbeiten in Kurzzeit. Die jährliche institutionelle Förderung durch die Stadt Hannover beträgt etwa 230.000 Euro für den Bereich Soziokultur. Demgegenüber steht unser Gesamthaushalt in Höhe von ca. 1,5 Millionen Euro. Finanziell halten wir also ohne weitere Einnahmen aus Veranstaltungen oder weitere Hilfsgelder auch nicht ewig durch.
Smotlacha: Wir wollen Kultur machen und freuen uns über unsere BesucherInnen. Perspektivisch wissen wir derzeit noch nicht, ob sich das Verhalten der NutzerInnen ändern wird, also, ob, wenn die Pandemie hoffentlich bald vorbei ist, Kulturangebote auch so viel angenommen werden wie früher. Vielleicht müssen Veranstaltungsformate anders gedacht werden. Vielleicht sind die LindenerInnen ja aber auch richtig heiß auf Kultur nach den ganzen Entbehrungen der letzten Zeit.
Apropos LindenerInnen. Gerade in der Anfangszeit waren ja einige NachbarInnen nicht immer so glücklich über den Lärm, den die Gäste auf dem Hin- und Rückweg, oder den die Veranstaltungen mit ihrer lauten Musik verursacht haben. Hat sich da etwas gebessert?
Krüger: In den vergangenen Jahren hatten wir in der 60er- Jahre Halle und im Mephisto auf basslastige Veranstaltungen verzichtet. Wir konnten so den Musikgeschmack der jungen Leute nicht mehr abbilden. Das war eine Maßnahme um die Situation für die AnwohnerInnen nicht noch mehr zu belasten. Während des Jahres 2019 führten wir dann umfangreiche Baumaßnahmen durch, die darauf abzielen, möglichst wenig Schall nach außen dringen zu lassen. Im Januar konnten wir außerdem neue Boxen anschaffen, die so ausgelegt sind, dass sie weniger Schall nach Außen senden und mehr im Raum halten. Start des neuen Programms, das jetzt auch Kooperationen mit jungen DJ-Teams beinhaltete, war der Februar 2020. Da wir dann zum 15. März schließen mussten, gibt es leider noch keine Erfahrungen mit der neuen Situation. Wir gehen aber davon aus, dass wesentlich weniger Schall nach außen dringt. Wir haben zudem verstärkt versucht, die Besuchsströme besser zu lenken. Wir haben eigentlich ein gutes Verhältnis zu unseren Nachbarn – und das soll ja auch so bleiben. Es gab auch regelmäßige Treffen im Nachbarin Café. Das geht derzeit nicht.
Welche Bedeutung hat FAUST für den Stadtteil?
Krüger: Wir haben eine hohe Bedeutung für Linden. Dafür sprechen zu normalen Zeiten unsere hohen Besuchszahlen. Gerade junge Leute, oft neu nach Linden gezogen, finden hier eine Anlaufstelle und können sich mit uns und Linden identifizieren. Zu uns kommen eigentlich alle Altersgruppen, vorwiegend aus Linden und der Region Hannover. Je nach Konzerten kommen aber auch Gäste von weiter weg.
Smotlacha: Wir verstehen uns ja als ein soziokulturelles Zentrum. Wir sind ein kulturelles und auch politisches Projekt. Wir haben den Eindruck, dass gerade die jungen Leute wieder sehr viel politischer denken, nicht nur wegen Fridays for Future. Wir merken das schon bei unseren Auszubildenden. Hier wird viel z.B. über die Themen Frauenpolitik oder Rassismus diskutiert. Das sollten wir aufgreifen.
Was ist mit Eurem 30-jährigen Jubiläum?
Krüger: Am 28. Januar, zu unserem 30. Geburtstag, konnten wir unter den derzeitigen Umständen nicht so viel machen. Aber wir haben für das Jahr viel vor. Wir wollen später, im Frühjahr, unsere Jubiläumsfeier durchführen. Geplant sind außerdem viele Veranstaltungen mit unseren FAUST-Vereinen möglichst draußen und im ganzen Stadtteil. Und im Herbst wollen wir uns mit dem Thema Soziokultur und Stadtteil auseinandersetzen.
Was wünscht ihr Euch dieses Jahr für FAUST?
Smotlacha: Wir haben ja als freier Träger auch mitgearbeitet am Konzept zur Kulturhauptstadt 2025. Da ist einiges sehr gelungen gewesen und in Hannover gewachsen. Auch wenn Hannover nicht Kulturhauptstadt wird, so hoffen wir, dass auch nach der Corona- Pandemie die Kontakte weiter bestehen und die Kulturlandschaft in Hannover so erhalten bleibt. Wichtig ist, dass Kultur wertgeschätzt wird. Krüger: Einen kleinen Vorteil hat Corona für uns: Wir können mit „Corona-Geldern“ nun endlich mal die Warenannahme modernisieren. Die Technik kann auf den neusten Stand gebracht werden und wir werden eine neue Lüftungsanlage einbauen. Wir hoffen, dass wir im Sommer damit fertig sind und wir dann die Warenannahme noch besser nutzen können.