Reaktion auf die Presseberichterstattung zur Resolution für eine aktive und friedliche Beteiligungskultur des Bezirksrates Linden-Limmer
In der Berichterstattung der HAZ, z.B. vom 7. und 11. März, zu der vom Bezirksrat Linden-Limmer beschlossenen Resolution für eine aktive und friedliche Beteiligungskultur wird eine Aussage aus der aus dem Kontext gerissen und verkürzt wiedergegeben. In der Resolution heißt es tatsächlich:“In manchen Situationen mag es Einzelnen oder Gruppen allerdings notwendig erscheinen, gegen Normen zu verstoßen, weil nur so auf öffentliche Missstände aufmerksam gemacht und Bürger- und Menschenrechte durchgesetzt werden können. Ziviler Ungehorsam ist ein wichtiges Element direkter Demokratie und legitime Form der Meinungsäußerung. Die Entscheidung zu einem Akt zivilen Ungehorsams ist eine Gewissensentscheidung und damit von jedem Einzelnen in jeder Situation selbst zu treffen. Wichtig ist, dass dieser gewaltfrei geschieht und niemals die Würde von Menschen verletzt.“ Dies wird verkürzt zu: „Es könnten durchaus Situationen auftreten,in denen es notwendig erscheine, gegen bestehende Normen zu verstoßen.“, um dann im weiteren Text zu behaupten, dass die grün-linke Mehrheit sich nicht eindeutig von Sachbeschädigungen distanziere, und den Anschein zu erwecken, dass diese vielleicht sogar befürwortet würden. Zitiert werden Stellungnahmen u.a. der Gewerkschaft der Polizei, dass Rechtsvorgaben zwingend eingehalten werden müssen und dass Sachbeschädigungen, z.B. durch Farbbeutel-oder Steinwürfe Gesetzesverstöße seien.
In der Resolution, die übrigens ohne Gegenstimmen und mit einer Stimme aus der SPD-Fraktion angenommen wurde, wird an keiner Stelle gesagt, dass Sachbeschädigungen, wie Farbbeutelwürfe oder das Einschlagen von Fensterscheiben, geeignete Mittel des Protests seien oder gar befürwortet würden. Es wird auch an keiner Stelle eine Straffreiheit für Verstöße gegen geltendes Recht gefordert. Wer sich an Aktionen des zivilen Ungehorsams beteiligt, nimmt bewusst ein Strafverfahren in Kauf. D.h. er oder sie ist sich der Rechtsüberschreitung bewusst und begeht diese absichtlich. Kommt es im Zusammenhang mit dieser zu einer Strafanzeige, müssen die Gerichte klären, was höher zu bewerten ist, z.B. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe oder das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Um es noch einmal klar und deutlich zusagen, die grüne Bezirksratsfraktion ruft nicht dazu auf,Sachbeschädigungen oder andere Rechtsüberschreitungen zu begehen.Im Gegenteil, es ist selbstverständlich für uns, dass Proteste gewaltfrei und friedlich und im Rahmen der geltenden Normen erfolgen. Das ist im Übrigen auch für die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Linden-Limmer der Fall. Wir sind aber der festen Überzeugung, dass Aktionen des zivilen Ungehorsams nicht von vornherein und grundsätzlich zu verurteilen sind, sondern in Ausnahmefällen ein – letztes – Mittel sein können, um auf Missstände hinzuweisen. Das ist unseren Wurzeln u.a. in der Anti-AKW-Bewegung geschuldet: Viele von uns standen schon vor der Entscheidung, ob sie sich an einer Sitzblockade beteiligen und damit gegen geltendes Recht verstoßen und eine Strafanzeige in Kauf nehmen sollen, um auf die Gefahren der Atomkraft hinzuweisen und für ein Ende dieser Form der Energiegewinnung einzutreten. Die im Artikel vom11. März zitierte Aussage von Alptekin Kirci, Vorsitzender der hannoverschen SPD „Es kann doch nicht sein, dass künftig sich jeder das Recht heraus nimmt, zivilen Ungehorsam zu leisten, wenn ihm was nicht passt“, legt nahe, dass er zum einen den Resolutionstext nicht gelesen hat und sich zum anderen, wie viele andere offenbar auch, noch nicht ernsthaft mit dem Konzept des zivilen Ungehorsams auseinandergesetzt hat. Um es mit dem Philosophen und Soziologen Jürgen Habermas zu sagen: „Ziviler Ungehorsam ist ein moralisch begründeter Protest, dem nicht nur private Glaubensüberzeugungen oder Eigeninteressen zugrunde liegen dürfen“.
Dr. Silke Kleinhückelkotten, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünenim Bezirksrat Linden-Limmer, www.gruene-hannover.de