Jubiläum 50 Jahre Ihme-Zentrum: Ein Rückblick

Ihmezentrum 1980
Postkarte vom Ihme-Zentrum, 1980

Das Ihme-Zentrum in Hannover markiert dieses Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Einst als visionärer Gebäudekomplex geplant und als Symbol moderner Stadtplanung und Architektur gefeiert, ist dieses inzwischen oft Thema von Herausforderungen und Kontroversen. Ein Rückblick auf die Entstehung, Bauzeit und die wechselvolle Entwicklung erinnert an eine Ära, lange bevor der Halloween-Brauch nach Deutschland kam – doch mit einem gewissen Augenzwinkern könnte man das Ihme-Zentrum heute fast als „Gruselgeschichte“ der Stadtplanung bezeichnen. Denn am 31. Oktober 1974 wurde es feierlich eröffnet, und wie ein Spuk, der sich über Jahrzehnte bis heute zieht, hat es immer wieder mit Leerstand, Verfall und Sanierungsversuchen zu kämpfen.

Visionäre Pläne für modernes Wohnen und Arbeiten

Die Planung des Ihme-Zentrums begann in den 1960er Jahren mit großen Ambitionen. Im Zuge des städtischen Wachstums sollte in Hannover ein Gebäudekomplex entstehen, der Wohnen, Arbeiten und Einkaufen unter einem Dach vereint. Das Konzept sah vor, das Ihme-Zentrum als pulsierendes Zentrum direkt am Ihme-Ufer zu entwickeln und durch moderne Architektur zu beeindrucken. Geplant wurde eine Mischung aus Wohnhochhäusern, Büroflächen und einem Einkaufszentrum, das der Bevölkerung und den Anwohnern ein urbanes Lebensgefühl vermitteln sollte. Frühere Lindener erinnern sich an reizvolle Werbeprospekte und Zeitungsberichte, in denen moderne Wohnungen und tolle Einkaufmöglichkeiten angepriesen wurden. Hingegen waren die Wohnverhältnisse in den Lindener Altbauwohnungen eher beengt. Jedoch hatten die dort angebotenen Wohnungen schon damals ihren Preis und waren für viele nicht erschwinglich.

Bauzeit und architektonische Herausforderungen


Neubauphase Ihme-Zentrum ca. 1973

Der Bau des Ihme-Zentrums begann Anfang der 1970er Jahre. Der riesige Komplex umfasste eine Fläche von 160.000 Quadratmetern und galt als eines der größten Bauprojekte der Region. Die ambitionierte Konstruktion brachte jedoch auch Herausforderungen mit sich. Es gab Verzögerungen bei der Fertigstellung, und die Kosten explodierten aufgrund unerwarteter baulicher und finanzieller Probleme. Dennoch wurde der Bau am 31. Oktober 1974 mit einem Fest eröffnet und das Ihme-Zentrum öffnete seine Tore.

Die goldenen Jahre

In den ersten Jahren nach der Eröffnung zog das Ihme-Zentrum viele Menschen an. Die Einkaufspassagen und die gewerbliche Infrastruktur sorgten für eine hohe Besucherfrequenz, und die Bewohner der Wohntürme genossen die Aussicht auf die Ihme und die Innenstadt. Es gab u.a. neben dem Kaufhaus Kaufhof mehrere Bekleidungsgeschäfte, Schuhgeschäfte und diverse weitere Branchen, Büros, Arztpraxen, Restaurants und Cafés – das Ihme-Zentrum war eine Stadt in der Stadt und galt als Vorzeigeprojekt urbanen Lebens.

Der Niedergang: Leerstand und Verfall

In den 1980er und 1990er Jahren begann das Ihme-Zentrum jedoch an Attraktivität zu verlieren. Der Komplex litt unter den veränderten Einkaufsgewohnheiten und es gab Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung. Immer mehr Geschäfte mit hochwertigem Sortiment zogen aus und es entstand ein zunehmender Leerstand. Neue Geschäfte waren oft Schnäppchenmärkte. Zusätzlich wurde die einst moderne Architektur als kühl und unattraktiv wahrgenommen, und der Pflegezustand des Komplexes verschlechterte sich zusehends. Finanzielle Probleme bei den Eigentümern führten dazu, dass Sanierungen und Modernisierungen ausblieben und dafür keine Rücklagen angelegt wurden.

Leerstand Ladenstraße Ihme-Zentrum
Leerstand Ladenstraße Ihme-Zentrum

Sanierungsversuche und Neuanfänge

Seit den 2000er Jahren gab es zahlreiche Versuche, das Ihme-Zentrum zu revitalisieren und neuen Nutzungen zuzuführen. Investoren wurden gesucht, und es wurden Konzepte entwickelt, um den Gebäudekomplex zu modernisieren und wiederzubeleben. Einige Sanierungsarbeiten wurden begonnen, allerdings scheiterten viele dieser Versuche aufgrund der immensen Kosten und der Komplexität des Projekts. Dennoch bleibt das Ihme-Zentrum ein wichtiges Thema in der Stadtplanung Hannovers, und neue Pläne zur Modernisierung und nachhaltigen Nutzung stehen weiterhin zur Debatte.

Ein Wahrzeichen mit gemischtem Erbe

Nach fünf Jahrzehnten ist das Ihme-Zentrum ein Wahrzeichen Hannovers, das polarisiert. Für einige ist es ein architektonisches Erbe, das es zu erhalten gilt, für andere ein Symbol für gescheiterte Stadtplanung. Trotz aller Schwierigkeiten symbolisiert es die Vision einer urbanen Zukunft, die durch den Wandel der Zeiten und Anforderungen auf die Probe gestellt wurde. Ob das Ihme-Zentrum je zu alter Blüte zurückkehren wird, bleibt offen, doch es ist sicher, dass es auch weiterhin ein prägender Teil der Stadtlandschaft und ein spannendes Kapitel der hannoverschen Geschichte bleibt.

Aktueller Stand

Zum Jubiläum nach 50 Jahren ist niemandem zum Feiern zumute. Derzeit geht die Spekulation mit dem „Klotz“ an der Ihme offenbar weiter. Der Investor Ulrich Marseille aus Hamburg hat dieser Tage laut einem Bericht der HAZ bei Gericht die erneute Zwangsversteigerung der Ihme-Zentrums-Anteile beantragt. Der mit Pflege- und Gesundheitsimmobilien reich gewordene Unternehmer sagt, er habe Großeigentümer Lars Windhorst vor Jahren mehr als 200 Millionen Euro geliehen und besitze dafür Grundschuldrechte auf die Ihme-Zentrums-Anteile. Jetzt wolle er sein Geld zurück, berichtet die Zeitung. Der derzeit eingesetzte vorläufige Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Jens Wilhelm V, gibt sich laut HAZ-Bericht kämpferisch. „Wir wollen einen verantwortungsbewussten Erwerber für die Immobilie finden, der ernsthaft investieren will. Wir werden nicht kampflos zulassen, dass jemand diese Immobilie erwirbt, der die bisherige Vernachlässigung fortsetzt“, sagt er.

Weiterlesen: Die Geschichte vom Ihme-Zentrum

Bildnachweis: Nachlass Werner Krämer, Digitales Stadtteilarchiv Linden-Limmer