Die Geschäftsbedingungen des gewählten Anbieter müsste eigentlich jeder Neukunde durchlesen und prüfen. Doch wer mit seinem Smartphone vor dem E-Scooter steht und starten will, der schafft in der Regel nur die Angabe der persönlichen Daten einzugeben. Der Harken bei den AGB wird oftmals blindlings gesetzt.
Da ist es gut, dass es in Deutschland die Verbraucherzentralen gibt. Diese haben die Geschäftsbedingungen von fünf E-Scooter-Verleiher untersucht und diese wegen insgesamt 85 unzulässigen Klauseln in den Nutzungsbedingungen abgemahnt.
Risiken und Verantwortung auf Nutzer abzuwälzen
„Die Anbieter von E-Scootern haben verbraucherfeindliche Nutzungsbedingungen formuliert. So sollen Kunden mitunter für Schäden aufkommen, die sie nicht verschuldet haben“, sagt Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim vzbv. „Zudem lehnen die Anbieter oft jede Verantwortung für den Zustand der E-Roller ab und wollen nicht einmal garantieren, dass der Vermietungsservice funktioniert.“
Nach Überprüfung der Nutzungsbedingungen hat der vzbv fünf Verleihfirmen abgemahnt, unter anderem die in Hannover tätigen Anbieter Neutron Holdings (Lime) und TIER Mobility GmbH. Die Bilanz ist für die junge Branche wenig schmeichelhaft: Insgesamt 85 Klauseln sind nach Auffassung des vzbv unzulässig.
Kunden zur umfassenden Inspektion verpflichtet
Kunden werden nach Ansicht des vzbv vor allem durch die Haftungsregelungen benachteiligt. Wer einen E-Scooter „auf eigene Gefahr“ mietet, hafte bei kundenfeindlichster Auslegung unabhängig von seinem Verschulden für nahezu alle Schäden, die etwa durch Unfall oder Diebstahl entstehen.
Die Anbieter garantieren teilweise weder einen verkehrssicheren Zustand der Roller noch funktionierende Akkus. Einige wälzen ihre Pflicht zur regelmäßigen Wartung und Inspektion sogar vollständig auf die Kunden ab und verpflichten diese vor jedem Fahrtantritt, unter anderem Bremsen, Beleuchtung, Räder, Rahmen und Akkus sorgfältig auf etwaige Mängel zu überprüfen. Dabei können Verbraucher die geforderte Inspektion in der Regel gar nicht fachgerecht ausführen.
Keine Leistungsgarantien
Kritisch sieht der vzbv auch, dass die Unternehmen keine Gewähr dafür übernehmen, dass ihr Vermietungsservice überhaupt verfügbar ist. Eine typische Formulierung: „xyz liefert die Dienstleistungen, ohne diesbezüglich irgendeine Art von Garantie zu geben“, so Jungbluth.
Die Firma Tier hat ihre Bedingungen geändert. Andere Anbieter haben signalisiert, dass sie ihre Klauseln ändern und die geforderte Unterlassungserklärung abgeben wollen. Tun sie das nicht, wird der Bundesverband der Verbraucherzentralen Klage vor Gericht erheben.
Viele Tücken im Kleingedruckten
In den Nutzungsbedingungen gibt es zahlreiche weitere Klauseln, die nach Auffassung des vzbv rechtswidrig sind. Einige Beispiele:
- Vom Zahlungskonto dürfen alle Kosten eingezogen werden, die nach Ansicht des Verleihers vom Kunden verursacht wurden -– darunter auch Forderungen von Dritten. Anbieter behalten sich vor, Nutzern schon nach geringfügigem Zahlungsrückstand den Zugang zum Mietservice zu sperren oder jederzeit ohne Angabe von Gründen zu kündigen.
- Mitunter sollen Kunden völlig überzogene Strafgebühren zahlen, wenn sie das Fahrzeug falsch abstellen oder nicht korrekt abmelden.
- Mietgebühren werden grundsätzlich nicht erstattet oder nur, wenn der Kunde kurzfristig reklamiert -– selbst wenn der Kunde die Fahrt nicht antreten konnte, weil der Roller defekt oder der Akku leer war.
- Persönliche Daten können ohne die erforderliche Zustimmung des Kunden zum Beispiel für Werbezwecke genutzt werden.