Als ich gestern Nachmittag am Stichkanal Linden zwischen Hafenschleuse und Wunstorfer Straße (Limmer) entlang schlenderte, fiel mir ein junger Mann auf, der auf einem Surfbrett und nur mit Badeshorts bekleidet im Kanal herumpaddelte. Während ich ob des Anblicks noch innerlich fror, sah ich, wie sich zwei weitere, einer ebenfalls in Badehose, der andere in einem Neoprenanzug, auf dem Kanalufer an einer Apparatur zu schaffen machten. Das Gerät sah auf den ersten Blick aus wie ein benzingetriebener Stromerzeuger. Die mittels eines Spanngurtes an einem Stahlpfosten vertäute Konstruktion beherbergte jedoch auch eine große Seiltrommel. Das musste also etwas anderes sein.
Komplett selbstgebaut
Jim, Mika und Wieland erklärten mir, es handle sich um eine selbstgebaute Seilwinde und mithilfe der auf der Trommel aufgewickelten 200 Metern Seil wollen sie sich nun auf ihren ebenfalls komplett selbst angefertigten Surfbrettern durch den Kanal schleppen lassen. Wieland (19), der Konstrukteur der Maschine, erklärte einige Details: Der Motor wäre eigentlich für Rüttelplatten vorgesehen, wie sie im Tiefbau verwendet werden. Der Drehmomentwandler, der die Motorkraft auf die Seiltrommel überträgt, wäre eigentlich für Gokarts. Alle weiteren Teile inklusive des geschweißten Stahlrahmens habe er selbst hergestellt. Er merkte an, das sei ein erster Prototyp mit „Kinderkrankheiten“. Wieland berichtete, er würde schon lange Dinge selbst bauen und habe sich zu Hause selbst nach und nach eine kleine Werkstatt eingerichtet.
Ab geht’s!
Einer der Jungs schwamm auf seinem Surfbrett zum anderen Kanalufer und zog dabei die Schleppleine, an deren Enden ein dicker Ast als Griff angebracht war, hinter sich her, marschierte dann noch ein ganzes Stück das Kanalufer entlang und machte sich im Wasser startklar. Der Motor wurde angeworfen, Gas gegeben und tatsächlich: Es funktionierte! Der Surfer wurde mit beachtlicher Geschwindigkeit durch das Wasser gezogen, bis er die Kontrolle über sein Gefährt verlor und spritzend im Kanal landete. Während sich Surfer und Bedienpersonal an der Winde abwechselten, sammelte sich schon Publikum auf der Kanalbrücke. Auch ein Drohnenpilot kam dazu und filmte aus der Luft.
Störfall
Dann kam es zu einem bedauerlichen Zwischenfall. Das Seil verfing sich in der Antriebskette und wickelte sich darunter, was die Konstruktion stark deformierte und funktionsuntüchtig machte. Insbesondere die Welle mit der Seiltrommel hatte sich zu einer stählernen Banane verformt. Auch das bis 600 Kilogramm belastbare Seil war einfach gerissen. Die Jungs mussten abbrechen und einpacken. Von Enttäuschung oder gar Frust über die Panne aber keine Spur, obwohl die Maschine wirklich arg gelitten hatte. Stattdessen Zuversicht, dass man das schon wieder hinbiegen könne.
Diesen kleinen Bericht schreibe ich, weil mich die Drei nachhaltig beeindruckt haben. Einerseits finde ich die kreative Idee und die technische Leistung zum Bau der Winde bemerkenswert. Wer schon mal versucht hat, etwas selbst zu bauen, das sich mittels Motor bewegen soll, kann das verstehen. Ebenso bemerkenswert finde ich den konstruktiven Umgang mit dem Fehlschlag. Ich werde versuchen, mich davon inspirieren zu lassen.