Offener Brief der hannoverschen Stadtteilkultureinrichtungen

Die Vorstände von sechs vereinsgetragenen Stadtteilkultureinrichtungen aus Hannover haben sich mit dem folgenden „offenen Brief“ an den Rat der Stadt Hannover, die Bezirksräte und den Fachbereich Stadtkultur gewandt. Darin geht es um die Ungleichbehandlung der in den Vereinen angestellten Mitarbeiter im Vergleich zu deren Kollegen, die bei der Stadt direkt angestellt sind.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir, die Vorstände von vereinsgetragenen Stadtteilkultureinrichtungen einen Hilferuf an Sie:
Offener BriefDie knappe Finanzierung, wie sie uns durch den Fachbereich Stadtteilkultur vorgegeben wurde, bringt uns in das Dilemma, entweder die von unseren Vereinen fest angestellten Kulturkräfte deutlich schlechter zu bezahlen als ihre Kolleginnen, die bei der Stadt direkt angestellt werden. Oder aber wir Vorstände beschließen, die kulturellen Angebote in den Stadtteilen zu reduzieren. Was sind die Hintergründe?

Laut Kulturentwicklungsplan 2020-2030 sollen die 13 Kulturtreffs wichtige Kulturarbeit in den Stadtbezirken leisten, in denen es keine Freizeitheime oder Stadtteilzentren gibt. Dafür gibt es Vereine, deren ehrenamtliche Vorstände Kulturfachkräfte einstellen. Das Geld für Gehälter, Raummieten und weitere Aufwendungen kommt von der Kommune. In Zuwendungsverträgen zwischen jeweiligem Vereinsvorstand und Stadt werden für max. 4 Jahre die Gelder und die dafür seitens der Stadt geforderten Leistungen ausgehandelt. Diese Verträge für 2023-2026 wurden gerade – von den Vorständen zähneknirschend – unterzeichnet. Die Vereine hatten dabei keine Wahl: Die maximalen Fördersummen waren bereits von der Verwaltung vorgegeben. Hätten sie die Verträge nicht unterzeichnet, hätte es kein Geld mehr gegeben und die Kulturvereine hätten ihre Arbeit einstellen müssen!

In den Zuwendungsverträgen werden auch voraussichtliche Tarif-/Gehaltserhöhungen mitberücksichtigt. Die Forderungen der Vereine (z. B. 5 %) wurden jedoch bei den Verhandlungen mit der Stadt auf 1,8 % bis 2,5 % (je nach Kultureinrichtung) gekürzt. Angesichts der Inflation und im Vergleich mit den Erhöhungen, die die städtischen Mitarbeiter innen erhalten, ist dies nicht ausreichend. Die Gehälter der vereinsgetragenen Mitarbeiter innen sind jetzt schon oft niedriger gegenüber denen in der Stadt angestellten, u.a. ist bei vielen Vereinen keine betriebliche Altersvorsorge vorgesehen. Spätestens ab 2024 sehen sich die Vereine nicht mehr in der Lage, den gewerkschaftlich ausgehandelten Tarif an ihre Mitarbeiter innen weiterzugeben. Nicht so bei den Arbeitsverträgen, denen eine vollumfängliche Übernahme des Tarifvertrages im Öffentlichen Dienst (TVOD) zugrunde liegt: hier müssen die Tariferhöhungen in vollem Umfang gezahlt werden. Die dafür nötigen Mittel müssen die Vereine aus ihrem Budget umverteilen, sodass es nicht in die eigentliche Kulturarbeit investiert werden kann.

Was erwartet nun die Kulturverwaltung von uns Vereinen? Sollen wir unseren nach TVÖD bezahlten Mitarbeiter*innen per Änderungskündigungsvertrag die Gehälter kürzen und uns damit im Wettbewerb um dringend benötigte Fachkräfte ins Abseits begeben? Sollen wir die gleiche Leistung mit weniger Personal bewältigen? Oder sollen wir unsere Leistungen einschränken, weil uns die Mittel für unseren Auftrag fehlen?

Dazu möchten wir festhalten, dass wir nicht bereit sind, uns als „Lohndrücker“ instrumentalisieren zu lassen. Gleiche Arbeit und gleiche Qualifikation brauchen gleichen Lohn! Damit alle Mitarbeiter innen bei gleicher Arbeit und Qualifikation das gleiche Gehalt bekommen, möchten wir zudem, dass künftig eine Bezahlung gemäß TVÖD durch die Stadt Hannover sichergestellt wird. Wir fordern: vertraglich abgesicherte Übernahme aller Leistungen aus dem TVöD für alle Kulturfachkräfte!

Sollten wir seitens der Kommune nicht die dafür nötigen Mittel bekommen, sehen wir uns gezwungen, unser Kulturangebot entsprechend zu reduzieren, um die Gelder für die Gehälter bezahlen zu können. Das kann gerade angesichts der sozialen Dringlichkeit dieser Arbeit (Integrationsarbeit, kulturelle Einbindung von Kindern und Familien) so nicht gewollt sein. Bitte helfen Sie uns und erhöhen Sie das Budget für faire und gerechte Gehälter!

Hannover, im August 2023

Die Vorstände von
Förderverein Bothfelder Kulturtreff e.V., Klein-Buchholzer Kirchweg I
Hainhölzer Kulturgemeinschaft e.V., Voltmerstr. 36
Kulturtreff Kastanienhof Limmer e.V., Harenberger Str. 29
Bürgergemeinschaft Kulturtreff Roderbruch e.V., Rotekreuzstr. 19
Kulturbüro Südstadt e.V. – Förderverein für Stadtteilkultur in Südstadt-Bult, Böhmerstr. 8 b
Bürgergemeinschaft Wülferode e.V., Kirchbichler Str. 6