Kurt Schumacher: Gedenken in der Jacobsstraße

Die Jacobsstraße 10 steht symbolisch für den demokratischen Neubeginn in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und die engagierte Arbeit von Kurt Schumacher und anderen politischen Akteuren, die sich für den Wiederaufbau einer demokratischen Gesellschaft einsetzten.

Gedenken an Kurt Schumacher

Als SPD-Reichstagsabgeordneter und Mitbegründer des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold wurde der 1895 geborene Kurt Schumacher im Juli 1933 in Berlin verhaftet. Nach zehn Jahren in verschiedenen Konzentrationslagern wurde er im März 1943 schwer krank nach Hannover zu seiner Schwester entlassen. Im Juli 1944 erneut verhaftet, kehrte er im September 1944 aus dem KZ Neuengamme zurück nach Hannover. Ab April 1945 organisierte er von Hannover aus den Wiederaufbau der SPD.

Am Mittwochmittag, den 23. April, wurde in der Heinrich-Heine-Straße 4 (Südstadt) ein Stolperstein für den 1952 verstorbenen Kurt Schumacher verlegt. Hier wohnte der Sozialdemokrat bei seiner Schwester. Der ihm gewidmete Messingwürfel wurde in den Asphalt des Fußweges eingelassen. Rund einhundert Menschen hatten sich zu diesem Anlass vor dem Haus versammelt. Stolpersteine gibt es im Stadtgebiet bereits rund 500, davon acht für verstorbene SPD-Genossen und nun auch für einen, der nicht von den Nazis ermordet wurde. Es sprachen Oberbürgermeister Belit Onay, Ministerpräsident Stephan Weil und Dr. Holger Martens vom Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten.

diebewegungsstrategen – Andreas Schmitz & Team
diebewegungsstrategen – Andreas Schmitz & Team
Nedderfeldstraße 9
30451 Hannover
Linden-Nord

Geschichte darf sich nicht wiederholen

Alle drei Gedenkreden endeten mit einem Hinweis auf das gegenwärtige Erstarken rechter Kräfte und der Warnung, dass sich die Geschichte nicht wiederholen dürfe. „Mit Kurt Schumacher ehren wir einen Politiker, dessen unbeirrbares Eintreten für seine demokratischen Grundüberzeugungen uns auch heute noch ein Vorbild ist. Mit dem Erstarken des Rechtspopulismus erleben wir, wie wichtig es ist, demokratiegefährdenden Strömungen entschieden entgegenzutreten und sich auf keine Kompromisse mit ihnen einzulassen“, so Oberbürgermeister Onay in seiner Ansprache.

Im Anschluss an die Verlegung des Stolpersteins wurde eine neue Stadttafel am Haus des früheren „Büro Dr. Schumacher 1945/46“ in der Jacobsstraße 10 in Linden-Mitte öffentlich enthüllt. Hierzu sprachen erneut Oberbürgermeister Belit Onay, sowie Katharina-Sophia Gerking, stellv. Stadtbezirksbürgermeisterin Linden-Limmer, und SPD-Bundestagsabgeordneter Adis Ahmetović.

Verdrängte Geschichte(n) in der Jacobsstraße 10

Das 1907 errichtete Jugendstil-Gebäude wurde ursprünglich als Mehrfamilienhaus für das Bürgertum konzipiert und ist heute denkmalgeschützt. „Es wohnt sich sehr gut in diesem geschichtsträchtigen Haus“, sagt der Psychologe Phillip Beuse, einer der Hauseigentümer. „Die Wohnungen sind groß und bezahlbar, was in Linden ansonsten nicht immer der Fall ist.“

Ab und an stünden Menschengruppen vor dem Haus und ließen sich Geschichte(n) von Stadtführer*innen erzählen. Viele Jahre spielte dabei die Geschichte des Hauses wenig bis keine Rolle, Und wenn, dann nur die Geschichte der SPD, da es ab und an Interesse aus der Partei heraus gab, so Phillip Beuse. „Die anderen Geschichten der Parteien und die politischen Aktivitäten wurden da wenig erwähnt!“.

In dem Gebäude wurde auch für die KPD gearbeitet

So beherbergte die Jacobsstraße 10 nicht nur im Erdgeschoss das „Büro Dr. Schuhmacher“ der SPD, sondern nach 1945 auch ein Büro der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), berichtet Phillips Vater Winiger Beuse, der viele Jahre, in dem Haus lebte. „Das Parteibüro war im obersten Geschoss in der Wohnung des Ballettsolotänzers Maxim Bosse und seiner Frau Gertrud untergebracht.“ Engagiert sei hier in den ersten Nachkriegsjahren am Wiederaufbau der Partei gearbeitet worden. Die KPD – von den Nazis 1933 verboten – erlebte erneut 1956 in der Bundesrepublik ein Parteiverbot.

Die nun erneuerte Gedenktafel an der Fassade neben dem Hauseingang erinnert an die historische Bedeutung des Ortes. Sie würdigt Kurt Schumacher als Mitglied des Reichstags von 1930 bis 1933, zehn Jahre KZ-Häftling unter dem Nationalsozialismus und Vorsitzender der SPD von 1946 bis 1952. Die Tafel hebt hervor, dass von diesem Haus aus die Neugründung der SPD organisiert wurde. Die vormalige Präsenz der KPD im selben Haus bleibt dabei ungenannt.

YouTube-Video von der Veranstaltung


Kamera und Sprecher Martin Tönnies, Interviews Wolfgang Becker

Bildnachweis: Martin Tönnies

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