Der Straßenverkauf am Ihmeufer in kleinen Mengen wird zumeist von dunkelhäutigen jungen Männern abgewickelt. Augenfällig stammen sie durchweg aus verschiedenen afrikanischen Ländern. Ob es sich um Asylbewerber handelt, die sich über ihre prekäre Lage und das für sie geltende Arbeitsverbot hinwegretten, ist ebenso unklar, wie die Frage nach ihren Hintermännern.
Summer-feeling auf beiden Seiten der Ihme
Entlang der Ihme zieht sich das weitläufige Revier der oft bunt gewandeten Dealer von der Glocksee bis zum Strandleben, auf der anderen Flussseite vom Gretchen bis hinter das Heizkraftwerk. Ihr Ganja – indische und jamaikanische Bezeichnung für Marihuana – soll gut und nicht zu teuer sein, berichten Insider. Gras mache etwa 90 Prozent des Handels aus, schätzen sie. Härtere Sachen wie Crack, LSD und Ecstasy seien eher die Ausnahme.
Summer-feeling an einem Sonntagnachmittag. Von der Mauer am Strandleben tönen Reggae-Klänge aus einem Gettoblaster. Daneben hocken ein halbes Dutzend junge Männer und unterhalten sich auf Französisch und in ihrer afrikanischen Landessprache. Auf der anderen Seite der Ihme sitzen Landsleute auf den Bänken beim Kinderspielplatz und stehen zu dritt im Gang am Seniorenheim zur Stärkestraße. Drogenhandel ist für Beobachter auf den ersten Blick nicht wahrnehmbar, dieser läuft sehr diskret und sozusagen unter der Hand.
Anwohner*innen sind verunsichert
„Die haben sich da häuslich eingerichtet. Ich werde mittlerweile bedroht, sie wollen mich alle machen. Die Polizei wird von denen komplett verarscht. Sollten die auftauchen, warnen die Späher und niemand ist mehr da“, schreibt eine Nachbarin, die in dem Seniorenzentrum Ottenstraße wohnt, an Punkt-Linden. Neben Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz werden von der Polizei auch andere Straftaten registriert. Das schürt die Verunsicherung bei Anwohner*innen und Passant*innen und bedient sicher auch rassistische Vorurteile.
Dafür steht ein schlimmer Vorfall, der schon ein paar Jahre zurückliegt und damals im Stadtteil heftig diskutiert wurde. Die Polizeimeldung dazu: „Am Freitagabend, 03.02.2017, hat ein Unbekannter am Ihme-Ufer in Höhe des Faustgeländes eine 38 Jahre alte Frau im Eingangsbereich des Biergartens „Gretchen“ vergewaltigt. Die Frau war am Ihme-Ufer unterwegs gewesen, als der Mann sie ansprach und ihr Drogen anbot. Nachdem sie abgelehnt hatte, lief er neben ihr her und zog sie in Höhe des „Gretchen“-Biergartens unvermittelt in dessen Eingangsbereich. Dort vergewaltigte er sein Opfer. Täterbeschreibung: dunkelhäutige, mutmaßlich afrikanische Erscheinung. Er spricht gebrochenes Deutsch mit Akzent“. Später fragte die HAZ: „Wie viele sexuelle Straftaten in Hannover werden eigentlich von Ausländern begangen?“
Polizei muss sich auf neue Gesetzeslage einstellen
Trotz der seit 1. April 2024 in Deutschland geltenden Teillegalisierung von Cannabis bleibt der Handel mit dieser Droge weiterhin strafbar. Die Pressestelle der hannoverschen Polizeidirektion teilt hierzu auf Anfrage von Punkt-Linden Folgendes mit:
Im genannten Gebiet sei immer wieder „nach Rauschgiftdelikten nach dem BtmG (Betäubungsmittelgesetz) recherchiert worden. Hierbei wurde eine mittlere zweistellige Zahl an Verstößen mit Cannabis/Marihuana festgestellt. Zusätzlich wurde in diesem Zeitraum nach Verstößen nach dem KCanG (KonsumCannabisGesetz) überprüft. Hierbei wurde eine niedrige einstellige Zahl an Verstößen festgestellt. Bezüglich der Täter konnten hierbei eine niedrige zweistellige Zahl an Tatverdächtigen ermittelt werden. Hiervon besitzen mehr als die Hälfte der Tatverdächtigen eine nicht deutsche Staatsangehörigkeit aus verschiedenen Ländern des afrikanischen Kontinents.“
„Bei der von Ihnen beschriebenen Örtlichkeit ist der Handel mit Cannabis feststellbar und ihm wird einerseits durch repressive Schwerpunkteinsätze offen und verdeckt, aber auch durch Präventiveinsätze der Polizei begegnet“, teilt Polizeisprecherin Lisa Rodriguez auf Nachfrage mit. „Neben diesen genannten Delikten sei der Bereich polizeilich unauffällig, es gäbe „keine signifikanten Auffälligkeiten im Bereich der Unordnungszustände“ oder sonstiger Straftaten.“
Durch das Inkrafttreten des Gesetzes zum „Umgang mit Konsumcannabis“ sei es deutlich schwieriger, etwaige Handelsdelikte beweissicher zu verfolgen. „Dazu werden zeitnah erste Gespräche zur Konzeptanpassung erfolgen, um hier der neuen Gesetzeslage entsprechen zu können“. Insbesondere das dort überwiegend geltende Konsumverbot stelle eine Herausforderung dar. Neben polizeilicher Streifentätigkeit sei allerdings auch hier die Landeshauptstadt Hannover mit dem städtischen Ordnungsdienst regelmäßig vertreten.
Bei Faust kennt man die Szene
Beim benachbarten Kulturzentrum Faust sieht man sich „schon seit vielen Jahren immer mal wieder damit konfrontiert“, so Pressesprecher Jörg Smotlocha auf Anfrage von Punkt Linden. Aktuell gäbe es aber „keine unangenehmen Zwischenfälle“, die Personen kämen nicht mehr aufs Gelände der Faust. Als Maßnahme sei unter anderem mehr Beleuchtung auf dem Gelände eingerichtet worden, die Geschehnisse in der Drogenszene würden auch öfter mal im Plenum thematisiert, auch mit Nachbar*innen und der Polizei würde gesprochen.
Wobei gerade der Kontakt mit der Polizei für Faust auch problematisch sein könnte, weil eben auf dem Gelände von Faust auch Geflüchtete beraten werden und dabei weniger gern auf die Polizei treffen oder sich beobachtet fühlen wollen. Problematisch sei es aber schon, denn es gäbe auf dem Gelände auch einen Kinderladen und eine Kindertagesstätte und Faust möchte die Kinder so gut es geht davon abschirmen. „Üble Zwischenfälle sind mir aber nicht bekannt“, so Smotlocha: „Ich denke aber nicht, dass sich die Situation bald ändert!“
Dieser Artikel ist eine Gemeinschaftsarbeit der Punkt-Linden Redaktion, die Berichterstattung zu diesem Thema wird weiter fortgesetzt.