Rede und Widerrede – vielen Dank für den Austausch von Argumenten an alle Beteiligten
Die Diskussion zur Bebauung der Weide in Limmer ist jetzt schön in Bewegung gekommen. Wir möchten der Allgemeinheit hier noch die Stellungnahme von Gerd Wach (bestellter Naturschutzbeauftragter Hannover-West) zur Verfügung stellen und eine erste ‘Rede und Widerrede’ als weitere Diskussionsanregung. Wer auch der ‘Anger’- Idee zugeneigt ist und auf dem Laufenden bleiben möchte, kann sich vorerst formlos melden.
Stellungnahme zur Neuaufstellung Bebauungsplan Nr.1770 „Sackmannstraße“ im Ortsteil Limmer der LHH Hannover von Friedrich G. Wach , Dipl.-Biologe und Bestellter Naturschutzbeauftragter für Hannover-West.
Antworten von Anja Niezel auf einige Argumentationen der Bebauungsbefürworter:
Zum Argument: Limmer ist ein wunderbarer Ort zum Wohnen, u.a., weil es keinen Mangel an Grün gibt.
Ja, noch stimmt das. Das Gefühl von viel Grün im Stadtteil hängt aber auch mit den derzeit noch unbebauten, grünen oder grün eingerahmten Brachen und der Weide, den nicht allgemein nutzbaren 3 Friedhöfen und den noch oder temporär als Garten genutzten Flächen zusammen. Wenn alle bereits geplanten Bebauungen durchgeführt werden würden, sähe das schon ganz anders aus. Für das Baugebiet zwischen Steinfeldstr. und Brunnenstraße wird zum Beispiel ein altes Bauernhaus mit einer großen Streuobstwiese mit zeitweiser Schafhaltung, ehemalige Kleingärten und ein Miniwald auf einem städtischen Grundstück weichen. Nüchtern betrachtet, gibt es auch aktuell nur eine nennenswerte, größere Grünfläche in Limmer zur offiziellen, freien und allgemeinen Verfügung; das ist die Fössewiese hinter der PI West am Rand zu Linden. Selbst der schwer erkämpfte sogenannte ‘Uferpark’ am nördlichen Rand eines Teils der Wasserstadt wird nur ein mehrfach getrepptes lineares Band mit einen innen laufenden Weg werden, der auch als Wirtschaftsweg der Wasser- und Schifffahrtsdirektion taugen muss. Konkret wird diese ‘Mangel’-Situation zum Beispiel daran spürbar, dass es bisher nicht gelungen ist, in Limmer einen Ersatzplatz für die Kügälis zu finden und dass auch für die Weide kein Ersatzplatz in Limmer auffindbar ist.
Zum Argument: Man sollte den Wohnungsbau fördern, der gerade hier dringend gebraucht wird.
Ja, man sollte den Wohnungsbau hier fördern, aber das wird er ohne die Weide schon in ausreichendem Maße. Und jeder, der sich damit beschäftigt weiß, dass die Prognosen für die Bevölkerungszunahme sehr kippelig sind, besonders deren Langfristkomponente. Die konkreteren Prognosen für Limmer bis 2020, die die höchsten Zuwachsraten innerhalb von Hannover annehmen, beruhen im wesentlichen auf der großen Menge an Personen, die in hier geplanten Baugebieten untergebracht werden könnten, nicht auf einem wie auch immer gearteten Druck, der in genau dieser Menge nach Limmer führt. Und selbst diese 8,8% bis 2020 bedeuten 550 Personen, die locker allein auf der Wasserstadt mit geplanten 600 Wohneinheiten eine Heimat finden könnten. Außerdem wird in Limmer noch zusätzlich das neue Baugebiet zwischen Steinfeldstr. und Brunnenstr. entstehen und im Alten Dorf bauen sie gerade auf dem Grundstück, auf dem die Kirche abgerissen wurde.
Zum Argument: Es gibt doch sowieso einen Rechtsanspruch des Grundstückseigentümers nach § 34 BauGB auf eine Baugenehmigung auch ohne Verabschiedung eines neuen Bebauungsplanes.
Das habe ich zunächst auch gedacht, aber das stimmt so nicht. Ich habe diesbezüglich auch bei der Stadtplanung nachgefragt. Allein nach § 34 BauGB würde der Grundeigentümer heute von der Stadt keine Baugenehmigung erhalten, denn a) die Fläche ist dafür zu groß, b) die Fläche liegt nicht inmitten eines bereits bestehenden geschlossenen Bestands und c) die umgebende Bebauung ist zu inhomogen, dass man aus ihr den Stil der inneren Bebauung ableiten könnte. Darüber hinaus denke ich dazu folgendes. Wenn man eine Fläche ohne ein konkret gültiges Baurecht erwirbt – und das war diese Fläche am Industriegebiet zum Zeitpunkt des Erwerbs, dann kann man zwar hoffen und meinetwegen auch davon ausgehen, dass sie mal dieses konkrete Baurecht bekommt, aber die Gesellschaft unterliegt nicht der automatischen Verpflichtung, diese Erwartung voll einzulösen. Zumindest darf sie darüber noch mal nachdenken.
Zum Argument: Der Eigentümer ist ein ‚Guter‘ und soll nicht geschädigt werden.
Dem Eigentümer soll nicht ohne Not Schaden aufgebürdet werden. Aber so, wie er seine Eigeninteressen vertreten darf, so dürfen das ganz legitim auch andere Betroffene, zum Beispiel die Anwohner. Vielleicht ließen sich ja gemeinsam mit der Stadt bessere Lösungen finden. Ich habe diese schwierige Situation für das ‘alte Dorf’ schon vor über 10 Jahren im Rahmen meiner Arbeit in der Sanierungskommission kommen sehen und in Gesprächen mehrfach nachgefragt, ob man nicht frühzeitig mit allem Beteiligten über einen angemessenen Flächentausch ins Gespräch kommen könnte; leider ohne Resonanz. Bei Anfragen zu den bereits bebauten Liegenschaften des Spar- und Bauvereins im ‘alten Dorf’ hörte ich , dass man auch über einen Abriss zumindest von Teilen der dortigen Altenwohnanlage wegen nicht mehr zeitgemäßer Beschaffenheit nachdenken würde, um dort adäquater zu bauen.