Wilh. Boetticher Mechanische Weberei und Kleiderfabrik

Boetticher PorträtfotoIm Jahr 1857, also im vorvorletzten Jahrhundert, eröffnete Wilhelm Boetticher sein erstes Geschäft in der Knochenhauerstraße 44. Er war in etlichen Geschäftszweigen, u.a. mit I. G. von der Linde, tätig und entwickelte sich so zu einem der angesehensten Geschäftsleute der Stadt.

Ludwig Sarstedt übernahm 1911 die Weberei und Kleiderfabrik Firma Wilh. Boetticher, die Textilien und Bekleidung produzierte, und betrieb mehrere Standorte, u.a. 1927 durch Übernahme einer Weberei in der Harenberger Straße 69 in Limmer. Der westliche Teil der Harenberger Straße ab der Lindener Hafen-Schleuse wurde später in Sichelstraße umbenannt, die Nr. 69 ist in Sichelstraße 15 umbenannt worden. Dieses markante Gebäude mit der Ecke in Richtung Sichelstraße bzw. Schleuse steht noch heute.

Man muss dazu bedenken, dass 1916/17 die Lindener Hafen-Schleuse mit Stichkanal zum Lindener Hafen gebaut wurde, sie schnitt den Stadtteil Limmer von seinem westlichen Bereich an der Sichelstraße mit dem Limmerholz ab.

Wilh. Boetticher im und nach dem 2. Weltkrieg

Boetticher Firmenschild 2024
Verschmutztes Boetticher Firmenschild 2024

In dem zu Sarstedt gehörenden Gebäude am Weidendamm 3a und 4 befand sich die Kleiderfabrik neben dem früheren Güterbahnhof, heute ist dort das „Sporthaus Kaufmann“. Hier musste während des Zweiten Weltkriegs Militärkleidung gefertigt werden. Es kam zu einer Stilllegung der Weberei in Limmer. Weil die Gebäude am Weidendamm am 30. Januar 1944 bei einem Großangriff zerstört wurden, ist die Kleiderfabrikation unter primitivsten Bedingungen in der Weberei wieder angelaufen.

Am 16. Juni 1946 lief die Fabrikation in den alten und wieder aufgebauten Räumlichkeiten wieder an, im Herbst desselben Jahres trat Rolf Sarstedt als Mitinhaber in den Betrieb ein. Die Weberei wurde ständig weiter ausgebaut, aber im Jahr 1952 kam es dann unweigerlich zu einem Neubau einer Halle nach den damals neuesten Erkenntnissen in der Sichelstraße 15 in Limmer. Ein großer Websaal entstand. Die Halle ist noch heute zu sehen.

Sichelstraße 15 Schleusenseite
Sichelstraße 15 an der Lindener Hafen-Schleuse

Die Gebäude neben der Halle sind Anbauten eines der ältesten Häuser von Limmer direkt am Rand des Limmerholz. Dieses „Basisgebäude“, das von vorn nicht zu sehen ist, gehörte dem wohlhabenden Bauern Ostermeyer, der auch das große schräg stehende Haus Sichelstraße 15 am Stichkanal neben der heutigen Schleuse gebaut hat.

Im Bereich des Anbaus zwischen Haupthaus und Halle (auf dem Bild nicht zu sehen) war das Rohwarenlager für die rechts daneben entstandene Weberei untergebracht. Die Tür für den Flaschenaufzug im 1. Stock ist noch vorhanden.

Ende der Firma Wilh. Boetticher

Die Firma Höhne & Mischke GmbH & Co. KG übernahm im Jahr 1999 die Markenrechte von Wilh. Boetticher. Gleichzeitig wurde die Weberei geschlossen. Damit hat Fritz Höhne Bielefeld (FHB) die Tradition und das Erbe der Marke weitergeführt und vertreibt seitdem diese Zunft- und Arbeitskleidung. Die Zunftkleidung steht für traditionelle Handwerksberufe, während die Arbeitskleidung in verschiedenen handwerklichen und industriellen Bereichen genutzt wird.

Quelle: Peter Sarstedt, Das Buch der alten Firmen der Stadt Hannover 1954/Adolf Sponholtz Verlag

Bildnachweis: Peter Sarstedt, Ralf Borchardt