taz-salon: „Wo lauert die rechte Gefahr“?

Nadine Conti moderiert das Podiumsgespräch
Nadine Conti moderiert das Podiumsgespräch

„Haben wir unsere Demokratie jetzt genug verteidigt?“, fragt Nadine Conti gestern Abend in der Warenannahme vom Kulturzentrum Faust. Die taz hatte zu einer Diskussion über Rechtsextremismus in der Reihe taz-Salon eingeladen. Da erinnerte Conti an die großen Kundgebungen nach dem Bekanntwerden der Remigrationspläne von AfD & Co auf deren Potsdamer Treffen im November 2023. „Die Correktiv-Enthüllungen haben Hunderttausende auf die Straße getrieben. Doch was jetzt?“, heißt es in der Einladung zum hannoverschen „taz-salon“. Nadine Conti ist landespolitische Korrespondentin der Tageszeitung mit Sitz in Hannover und moderiert das Podiumsgespräch mit dem Rechtsextremismus-Experten Andreas Speit und seiner Journalistenkollegin Jana Peltzer. Beide schreiben regelmäßig für die taz.

Gesprochen wird über die Bedeutung einer kontinuierlichen Berichterstattung. „Der rechte Rand“ heißt etwa eine wöchentliche Kolumne, die Andreas Speit seit Jahren in der taz-Nordausgabe veröffentlicht. „Man muss die alltägliche Bedrohung stärker betonen“, sagt er. Dabei habe die Medienfeindlichkeit zugenommen, nicht nur in der extremen Rechten. Es gäbe viele Formen der Einschüchterung wie Abmahnungen, Klagen oder sogar Bedrohungen kritischer Journalist*innen. „Da geht es auch um Selbstschutz“, sagt Speit.

„Täglich eine linke, radikale Zeitung“

Die taz zu Gast bei der FaustDie Berliner Tageszeitung taz erscheint seit 1979. Gegründet wurde sie nach dem Deutschen Herbst von linken Aktivist*innen, um Gegenöffentlichkeit zu etablierten Medien zu schaffen. „Täglich eine linke, radikale Zeitung“, stand in den Anfangsjahren auf der Titelseite. Heute hat die taz mit einer Auflage von fast 50.000 Exemplaren ihren allseits anerkannten Platz in der bundesdeutschen Presselandschaft gefunden. Wie kaum eine andere deutschsprachige Zeitung berichtet die taz engagiert über den erstarkenden Rechtsruck in der Gesellschaft. Auch deshalb wird sie wie andere demokratische Medien von Rechtsgesinnten als Teil einer „Lügenpresse“ diffamiert.

„Gegen Rechts müssen wir die Auseinandersetzung suchen“, sagt taz-Autor Speit, „Selbst, wenn es innerhalb der eigenen Familie ist!“ Das sei oft hart und brauche einen langen Atem. „Wir müssen miteinander reden, nicht mehr schweigen und eine klare Kante zeigen!“ Wichtig sei es, bei der Erwiderung auf rechte Stammtischparolen auch die Umstehenden anzusprechen. Besorgniserregend und „eine neue Qualität“ sind für Speit auch die vermehrten Angriffe auf Vertreter*innen der Grünen. Die seien jetzt die „Buhmänner“ nicht nur für extrem Rechte. „Da ist in der Partei Angst“.

In Hannover kaum rechte „Hot-Spots“ erkennbar

Auch die hannoversche taz-Autorin Jana Peltzer kennt sich mit neuen Nazis aus. „Ich versuche, bei der Recherche meine Privilegien als weiße Journalistin zu nutzen“, sagt sie: „Das gibt mir Kraft!“ „Wenn Nazis aktiv sind, dann eher außerhalb der Stadt“ weiß sie zu berichten, bisher seien aktuell kaum „Hot-Spots“ erkennbar. Offenbar zähle das links-alternativ geprägte Linden zu den eher nazifreien Stadtteilen, anders sehe es offenbar in Ahlem oder Badenstedt aus, wo vermehrt rechte Aktionen auffallen. Erfreulich sind Gegenaktionen wie die aktuelle Mahnwache von Kulturschaffenden für Demokratie in der City oder die Mobilisierung zu Protestaktionen gegen den – ausgerechnet am Hitler-Geburtstag, 20. April – in Unterlüß geplanten AfD-Landesparteitag.

Bildnachweis: Wolfgang Becker