Auf zehn Jahre Programm „Rucksack Schule“ blickt die Stadt Hannover in diesem Jahr zurück. Zeit, Bilanz zu ziehen, zu evaluieren, aber auch, das erfolgreiche Programm fit für die Zukunft zu machen. Dafür organisiert die Stadt einen Fachtag mit nationaler Beteiligung mit Vorträgen, Erfahrungsaustauschen und Lesungen. Im Mittelpunkt stehen Entwicklungen, Erfolge und Perspektiven des hannoverschen Programms.
Das Programm „Rucksack Schule“ richtet sich an alle Eltern, deren Kinder eine Grundschule in Hannover besuchen. Das Programm gibt Eltern eine für alle Beteiligten gewinnbringende Möglichkeit, an der Gestaltung des Schullebens aktiv mitzuwirken und sorgt durch den intensiven Austausch für eine nachhaltige Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus.
Was ist Rucksack Schule?
„Rucksack Schule“ ist ein Angebot zur diversitätsbewussten Unterrichts- und Schulentwicklung, das auf Wertschätzung und Anerkennung von Vielfalt, Ressourcen und Kompetenzen beruht. Es verbindet Unterrichts- und Schulentwicklung mit durchgängiger sprachlicher Bildung und interkultureller Bildung. Hierbei wird die Herkunftssprache als Ressource verstanden und als Lerngrundlage berücksichtigt.
Engagierte Eltern von Vor- und Grundschulkindern mit guter Zweitsprache Deutsch in Wort und Schrift werden zu Elternbegleiter*innen qualifiziert, regelmäßig geschult und weitergebildet. Die Qualifizierung wird in zirka 80 Stunden in Kooperation mit der AWO Familienbildungsstätte Hannover durchgeführt und beinhaltet Module zu diversen Themen wie zum Beispiel: Interkulturelle Kompetenz, Mehrsprachigkeit, kindliche Entwicklung, Niedersächsisches Bildungssystem, Umgang mit kritischen Situationen.
Als qualifizierte Multiplikator*innen leiten die Elternbegleiter*innen ihre Rucksackelterngruppen zwei Stunden wöchentlich (meistens vormittags) in den Räumen der Schule an.
Hier setzen sich die Eltern mit dem schulischen Lernstoff der Kinder und mit Fragen zur Erziehung auseinander. Sie probieren Lerntechniken der Schule aus, sie diskutieren gemeinsam zu vorgegebenen Themen, führen Übungen zur deutschen Sprache durch und lesen gemeinsam Texte zu Themen des Sachkundeunterrichts. Die Eltern erfahren, wie sie ihre Kinder aktiv fördern und unterstützen können. Sie lernen das deutsche Bildungssystem kennen, setzen sich mit der Bildungssprache auseinander und nehmen aktiv an der Gestaltung des Schullebens teil.
Mit Hilfe der Elternbegleiter*innen werden Ausflüge zu außerschulischen Lernorten (zum Beispiel Bibliotheken, Museen, Zoobesuche, Gespräche mit Polizeikontaktbeamt*innen) organisiert. Hierdurch werden den Eltern Partizipationsmöglichkeiten am Leben in der Stadt ermöglicht.
Im Idealfall wird das Unterrichtsprogramm der Schule mit dem der Rucksackelterngruppen abgestimmt, so dass die Eltern möglichst zeitgleich an denselben Themen (wie beispielsweise „Auf der Straße“, „Zeit“, oder „Mein Körper“) arbeiten wie ihre Kinder. Eltern werden in ihrer Rolle als Bildungspartner*innen gestärkt und können ihre Kinder zu Hause gut unterstützen.
Seit 2016 wird eigenes Rucksack-Material für die Elterngruppen an hannoverschen Grundschulen von einer Materialentwicklerin erstellt. Das Material ist an die Vorgaben des niedersächsischen Kerncurriculums sowie die Lehrpläne der jeweiligen Grundschulen angepasst und hat somit einen regionalen Bezug. Zudem gibt es das Material in vielen unterschiedlichen Sprachen.
Zwischen der begleitenden Lehrkraft, der*dem Elternbegleiter*in und der Rucksackkoordination der Stadt finden regelmäßige Koordinationstreffen zum Beispiel für einen inhaltlichen Austausch statt. Die zuständigen Lehrkräfte besuchen die Rucksackelterngruppen nach Möglichkeit regelmäßig und stehen somit auch für Fragen zu Themen der Schule und des Unterrichts zur Verfügung.
Lizenzgeber des Programms ist die Landesweite Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren NRW (LaKI).
Die Zahlen
Das Programm wird seit dem Jahr 2009 an hannöverschen Grundschulen umgesetzt. Gestartet hat das Programm an vier Grundschulen mit acht Rucksackelterngruppen. Im ersten Jahr wurden rund 90 Familien erreicht.
Im vergangenen Schuljahr 2018/2019 wurde das Programm an 30 Grundschulen mit 45 Rucksackelterngruppen und an zehn Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften mit rund 400 Familien umgesetzt.
In diesem Schuljahr 2019/2020 wurde das Programm bisher an drei weiteren Grundschulen implementiert.
Innerhalb der letzten zehn Jahre wurden 34 Grundschulen und rund 2000 Familien mit Grundschulkindern mit 34 Herkunftssprachen erreicht. 150 Eltern wurden zur*zum Elternbegleiter*in qualifiziert.