Als eine der großen Enttäuschungen der vergangenen Spielzeit startete Hannover 96 in die laufende Saison der 2. Bundesliga. Nach einem Umbruch im Kader und der vielversprechenden Verpflichtung von Stefan Leitl als neuem Cheftrainer, sollte der Verein aus Hauptstadt Niedersachsens zurück in die Erfolgsspur finden. Die Hinrunde nährte die großen Hoffnungen der eigenen Fans auf eine baldige Rückkehr ins Oberhaus. Doch nach einem enttäuschenden Start aus der langen Winterpause fragen sich Experten, Fans und Verantwortliche, ob Hannover 96 tatsächlich schon bereit für den Aufstiegskampf in der 2. Bundesliga ist.
In der zweithöchsten Spielklasse im deutschen Fußball herrscht auch in diesem Jahr große Spannung. Ein gesichertes Mittelfeld in der Tabelle ist kaum erkennbar. Vielmehr spielt die eine Hälfte der Liga um den Abstieg und die andere Hälfte um den Aufstieg. Die hohe Leistungsdichte macht die 2. Bundesliga auch für Sportwetten besonders attraktiv. Unter anderem locken hier mehrere Wettanbieter mit lukrativen Quoten. Mit ein wenig Glück können hohe Gewinne erzielt werden. Erfolge möchte auch Hannover 96 endlich wieder verzeichnen können. Für einen Angriff auf die Ligaspitze muss allerdings noch jede Menge passieren.
Hannover 96 im Aufwärtstrend: der Schein trügt?
Der vollzogene Umbruch im Kader und auf der Trainerbank verzeichnete in der Hinrunde überraschend schnell Erfolge. Ebenso schnell wuchsen allerdings auch die Hoffnungen im Umfeld der Hannoveraner. Vom eigenen Eingriff in das enge Aufstiegsrennen der 2. Bundesliga war die Rede. Nach einem Fehlstart ins Jahr 2023 ist der Verein allerdings vorerst abrupt auf dem Boden der Tatsachen gelandet.
Die Tabellenspitze und damit die Aufstiegsplätze sind mittlerweile weit mehr als zehn Punkte entfernt. Die Spitzenmannschaften Darmstadt 98, Hamburger SV, FC Heidenheim, SC Paderborn und auch Überraschungsmannschaft 1. FC Kaiserslautern sind sowohl punkte- als auch leistungstechnisch in weite Ferne gerückt. Nach drei Heim-Niederlagen in Folge muss die Mannschaft von Trainer Stefan Leitl nun sogar aufpassen, nicht von einem einstelligen Tabellenplatz zu rutschen. Zusammen mit dem Jahn Regensburg bilden die Hannoveraner bisher das schlechteste Team im Jahr 2023.
Fortschritte im Vergleich zur Vorsaison
Trotzdem darf nicht vergessen werden, woher der Verein kommt. Im letzten Jahr befand sich die Mannschaft aus Niedersachsen lange im Abstiegskampf der 2. Bundesliga. Im Vergleich zur Saisonleistung im vergangenen Jahr sind tatsächlich deutliche Fortschritte erkennbar. Trainer Stefan Leitl, der im letzten Sommer von Absteiger SpVgg Greuther Fürth an die Leine wechselte, schaffte es schnell, ein passendes Spielsystem zu etablieren. Mit ihm war das Ziel, eine nachhaltige Entwicklung der eigenen Mannschaft einzuleiten. Mittelfristig ist das Ziel klar: Aufstieg in die 1. Bundesliga!
Dementsprechend versuchen die Verantwortlichen der aktuellen Formkrise nicht zu viel Bedeutung zu schenken. Solche Phasen wären völlig normal in einer solchen Entwicklung. Natürlich sei das Ziel, möglichst schnell die Kurve zu kriegen. Mittelfristig geht es in dem Verein mit hohen Ansprüchen darum, ins Aufstiegsrennen eingreifen zu können.
Ein Umbruch braucht Zeit: Hat Hannover 96 ausreichend Geduld?
Noch wenige Spieltage vor Ende der vergangenen Spielzeit musste sich Hannover 96 mit einem potenziellen Abstieg in die Drittklassigkeit auseinandersetzen. Doch der Absturz konnte bekanntermaßen abgewendet werden. Noch vor Ende der Saison gab der Verein den geplanten Haushalt für die kommende, jetzt laufende Saison, ab. Mit insgesamt rund 40 Millionen Euro Etat wird Hannover 96 damit im Ligavergleich wohl nur vom großen Hamburger SV überboten.
Im Anschluss nahm Sportdirektor Marcus Mann das zusätzlich zur Verfügung gestellte Geld, um einen deutlichen Umbruch im Verein voranzutreiben. Dabei schreckte Mann auch nicht vor der Trennung von beliebten und populären Akteuren zurück. Unter anderem musste der im Verein besonders geschätzt Ex-Trainer Christoph Dabrowski gehen. Dieser hatte den Verein nach der Trennung von Trainer Jan Zimmermann übernommen und Hannover 96 mit einem deutlich erhöhten Punkteschnitt in der Liga gehalten.
Trotzdem entschied sich der erst 38-jährige Sportdirektor Mann, einen Teil des neuen Etats in die Verpflichtung von Trainer Stefan Leitl zu stecken. Leitl stand auch bei vielen anderen Vereinen auf dem Zettel. Mit einer erheblichen Ablöse erhielt letztlich Hannover 96 den Zuschlag. Für den ehemaligen Erfolgstrainer der Spielvereinigung Greuther Fürth begann eine neue Herausforderung.
Denn auch im Kader zeigte sich der Umbruch deutlich. Ehemalige Leistungsträger wie Philipp Ochs, Marcel Franke, Mike Frantz oder auch Dominik Kaiser verließen Hannover 96 im Sommer 2022. Außerdem verabschiedete sich auch der hochtalentierte Linton Maina in Richtung 1. FC Köln. Überdies kehrten Linksverteidiger Niklas Hult sowie der ausgeliehene Mark Diemers den Verein von der Leine. Alles Spieler, die am Ende nicht voll überzeugen konnten, aber auch innerhalb der Mannschaft ein gewisses Standing besaßen.
Neuzugänge machen Hoffnung
Im Gegenzug wurden jede Menge neue Verpflichtungen getätigt. Besonders auf ablösefreie Spieler hatte es Sportdirektor Marcus Mann abgesehen. Noch im Mai wurden die Verpflichtungen von Max Besuschkow von Jahn Regensburg, Fabian Kunze von Arminia Bielefeld, Louis Schaub vom 1. FC Köln und Phil Neumann von Holstein Kiel öffentlich. Jeder dieser Spieler hat sein Können bereits in der 2. Bundesliga unter Beweis gestellt. Teilweise konnten sogar bereits Erfahrungen in der 1. Bundesliga gemacht werden. Weiterhin kam Harvard Nielsen von der SpVgg Greuther Fürth sowie Maximilian Beier von der TSG Hoffenheim.
Nicht zuletzt wurde eine Reihe von vielversprechenden Talenten verpflichtet. Unter anderem konnte der aktuelle Shootingstar Derrick Köhn vom niederländischen Klub Willem II unter Vertrag genommen werden. Ein fast vollständig neu zusammengewürfelter Kader, der Trainer Stefan Leitl nun zur Verfügung stand.
Fazit: mit Geduld zum Erfolg
Dementsprechend war es eher verwunderlich, dass das im Umbruch befindende Hannover 96 in der Hinrunde direkt so vielversprechende Leistungen abrufen konnte. Eine Formkrise – wie aktuell – gehört zu der angestrebten Entwicklung dazu. So müssen sich Verein und Umfeld vorerst in Geduld üben. Auch Trainer Stefan Leitl will momentan nicht vom Aufstieg sprechen.
Mit Blick auf die Möglichkeiten eines Vereins wie Hannover 96 ist allerdings auch völlig klar, dass mittelfristig nur das Ziel Aufstieg in die Bundesliga tragbar ist. Die Rückkehr ins deutsche Oberhaus ist vereinsintern vorgegeben. Doch die Umsetzung realistischerweise auf über zwei, drei Jahre ausgelegt. Dementsprechend ist der Verein gut beraten, auf das aktuelle Personal zu vertrauen, um ihnen die Chance zu geben, langfristig etwas aufbauen zu können.
Bewahrt Hannover 96 in der aktuell schwierigen Phase Geduld, scheint eine Rückkehr zur Form der Hinrunde durchaus möglich. In dieser Verfassung wäre der Verein aus Hannover ernsthafter Anwärter auf die Aufstiegsplätze der 2. Bundesliga.