Leben im Ihmezentrum Teil V – Herr Röllgen

Herrn Röllgen fasziniert das Ihmezentrum trotz oder auch wegen seiner Massivität – und wegen des Gedankens einer Stadt in der Stadt.
Herrn Röllgen fasziniert das Ihmezentrum trotz oder auch wegen seiner Massivität – und wegen des Gedankens
einer Stadt in der Stadt.

„Ich fühle mich sehr wohl hier. Es ist ein bisschen wie in einem Dorf“

Es ist der 4. Januar 2020, so gegen 15 Uhr. Ich sitze mit Herrn Röllgen, einem 33-jährigen Marketing-Manager, der zudem Literatur und Politik studiert hat, Hobbysaxophonist ist, Soul und Funk spielt und den nächsten Auftritt mit seiner Band am 14. Februar im Kulturpalast hat, bei Heißgetränken und lebhaftem Gespräch in seiner Wohnung im Ihmezentrum. Einer schön geschnittenen, zirka 90 Quadratmeter großen Bleibe, im zwölften Stock mit beeindruckendem Blick über die Dächer Hannovers und auf eine leicht nebelverhangene Ihme. Das ist luxuriös. Für das Ihmezentrum scheint zu gelten: außen pfui, innen hui!

Herr Röllgen erzählt mir, dass viele BewohnerInnen des Ihmezentrums in den 1970er Jahren eingezogen sind und gerne dort wohnen, nicht zuletzt weil sie dort von Verkehrslärm weitestgehend verschont werden.

Er selbst, so sagt er, sei zu seiner Wohnung gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Das Ihmezentrum habe ihn trotz oder auch wegen seiner Massivität fasziniert und wegen des Gedankens einer Stadt in der Stadt. Gespannt auch auf das Innenleben des Ihmezentrums habe er sich daraufhin ohne Umzugsabsicht Wohnungen angesehen. Als sich herausstellte, dass dort großzügig angelegte Wohnungen relativ günstig zu haben waren (die verfallene ehemalige Gewerbefläche lässt da grüßen – da wird das Leid des äußeren Pfui zu des Käufers Freud), gab es für ihn kein Zögern mehr und er hat die Wohnung, in der wir sitzen, 2015 unrenoviert gekauft.

Ein Jahr lang war großer Einsatz an Arbeit und finanziellen Mitteln nötig, um die Wohnung so schmuck zu machen, wie sie sich heute zeigt.

Er fühle sich sehr wohl hier, sagt er. Es sei ein bisschen wie in einem Dorf. Er habe hier mehr Kontakte als in seiner vorherigen Wohnstätte, einem vierstöckigen Altbau in Linden-Nord. Natürlich, räumt er ein, gehen die Kontakte auch über die gemeinsamen Interessen als EigentümerInnen, doch auch darüber hinaus. Man lädt sich gegenseitig ein und es gibt auch schon mal selbstgebackene Weihnachtskekse von der Nachbarin als Geschenk.

Da Herr Röllgen sich eine positive Entwicklung des Ihmezentrums wünscht, ist er Mitglied in der Zukunftswerkstatt. Aus dem selben Grund hat er sich zu dem Interview bereit erklärt. Was Herr Röllgen sich für das Ihmezentrum wünscht, auch im Rahmen der Kulturhauptstadtbewerbung, ist mehr Kunst und Kultur – Galerien beispielsweise. Oder dass sich Ärzte dort niederlassen und Praxen eröffnen, um auch darüber mehr Leben ins Ihmezentrum zu bringen. Dafür müsste allerdings einiges an Restaurierung passieren. Seit dem Sommer hat der Investor ein Gerüst aufstellen lassen. Mehr ist nicht geschehen.

Das Gespräch mit Herr Röllgen führte Ilona Nasemann.

Lindenspiegel 02-2020

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Bildnachweis: Lindenspiegel - Foto: Nasemann