65. Jahrestag der Befreiung

Hannovers Kulturdezernentin, Stadträtin Marlis Drevermann, hob hervor, wie wichtig es ist, in der kritischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus emotionales Engagement zu entwickeln: "Es reicht nicht aus, an öffentlichen Orten nur 'protokollarisch' zu gedenken. Verständnis für Demokratie basiert auch darauf, den Opfern möglichst nahe zu kommen – und zugleich über die Täter informiert zu sein." Weil absehbar ist, dass es bald keine Zeitzeugen mehr geben wird, ist es umso wichtiger, neue Formen der Erinnerungskultur zu finden, die zugleich die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen fördern.

Den jungen Menschen kommt dabei die besondere Rolle zu, im Geist von Toleranz und Völkerverständigung die Achtung vor den Menschenrechten, den Rechten der jeweils Anderen – zuerst in, aber nicht nur in Europa – zu leben und zu fördern.

Drevermann stimmt mit Karl-Heinz Mönkemeyer, Vorsitzender des Bezirksverbandes Hannover des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, in der Bedeutung der Jugend- und Schularbeit für die Erinnerungskultur überein. Zusammen mit dem Volksbund haben SchülerInnen der St. Ursula Schule Hannover an der Gestaltung der neuen Geschichts- und Erinnerungstafel gearbeitet, die im Rahmen der Veranstaltung übergeben wurde.

Sie verweist auf die Geschichte des Friedhofes und das Schicksal der 386 Menschen, die hier begraben sind. Ihnen nahe zu kommen, sie aus der Anonymität herauszuheben, ihnen mit ihrem Namen ihr Gesicht und damit ihre Würde zurück zu geben, ist auch Ziel eines Forschungsprojektes der Stadt Hannover. In dessen Rahmen ist es den beiden Historikerinnen Janet Anschütz und Dr. Sabine Meschkat-Peters gelungen, mehr als 100 Personen aus zehn europäischen Nationen zu identifizieren.

Den bereits namentlich bekannten wie den noch unbekannten Begrabenen galt die Aktion der SchülerInnen der Heinrich-Heine-Schule in Hannover, die gemeinsam mit russischen Gästen für jedes Opfer eine symbolische weiße Taube auf den Gräbern "landen" ließen. Die emotionale Geste ergänzte die Worte von Reinhard Schwitzer, der als Vertreter der IG Metall an die lange Patenschaft der Gewerkschaft für den Ehrenfriedhof wegen der hier begrabenen ZwangsarbeiterInnen aus hannoverschen Industriebetrieben erinnerte.

Die neue Erinnerungs- und Gedenktafel vervollständigt die vorhandene, die – soweit bekannt – auf die Leidenswege der hier bestatteten Menschen eingeht. Neben der neuen Bepflanzung, die die früheren Rosenrabatten durch zeitgemäße, zart getönte und abwechslungsreich rhythmisierte Staudenbeete ersetzt, sind die Tafeln ein Zeichen für die Verwandlung dieses Erinnerungsraumes in Hannover.