Das Gentrifizierungsgespenst geht um

Gibt es sie nun oder etwa doch nicht?

Gentrifizierung in Linden!?

Auch wir haben unseren Teil dazu beigetragen. Kurz vor der Jahrtausendwende haben wir uns eine Eigentumswohnung gekauft. Haben wir damit preiswerten Wohnraum vernichtet? Wohl eher nicht, die letzten Mietwohnungen in unserem Haus hätten wir uns nicht leisten können. Jetzt werden demnächst neue Balkone angebaut. Sind wir damit gleich in eine neue Kaste von Bewohnern aufgestiegen? Großbalkonbesitzer vielleicht.

Sicherlich gibt es den einen oder anderen, der nicht aufs Geld schauen muss, den es nach Linden verschlagen hat. Der überwiegende Teil der Bewohner des Gilde Carres sind aber auch vorher schon in Linden ansässig gewesen. Dass Häuser saniert werden müssen und dadurch auch die Mieten steigen, ist wohl jedem klar. Aber muss das unbedingt so gemacht werden, wie im Haus Limmerstraße 3-5 mit den alteingesessenen Geschäften passiert? Da ging es dann doch wohl eher um eine Gewinnmaximierung. Denn Mietern zu kündigen, die jahrelang brav ihre Miete gezahlt haben, ist doch normalerweise eher eine schlechte Idee.

Dass einige Gegner dieses schleichenden Prozesses auch mal über das Ziel hinaus schießen, ist nicht schön. Sachbeschädigung ist und bleibt eine Straftat. Dabei aber gleich von einem militanten Arm im Kampf gegen die Gentrifizierung zu sprechen, wie es in der neuen Ausgabe der LindenLimmerZeitung zu lesen war, ist doch sehr abenteuerlich. Sind wir in Linden oder in Nord-Irland? Auch die Hausbesetzungen sind meiner Meinung nach weder zweckdienlich noch korrekt, mit Recht und Gesetz in Einklang zu bringen. Dass dabei mit aggressiver Rhetorik und militanten Verhaltensweisen vorgegangen wird, Einschüchterungen inklusive, konnte ich so nicht feststellen. Egal, ob an der Limmerstraße 98 oder im Ihmezentrum, mit den Hausbesetzern konnte man ganz locker ins Gespräch kommen. Dabei fühlte ich mich keineswegs eingeschüchtert.

Dass die CDU im Bezirksrat eine Resolution zur Gewaltfreiheit einbringt, ist doch wohl eher dafür gedacht gewesen, sich mal wieder ins Gespräch zu bringen. In Linden-Nord ist man bei der Landtagswahl sogar noch hinter die schwächelnden Linken zurückgefallen. In Linden-Mitte bekam man mit 6,1 % der Stimmen in einem Wahllokal das schlechteste Ergebnis im ganzen Land. Also musste gezeigt werden, dass es die CDU noch gibt. Das hat auch prima geklappt, wie man sieht, es wird um Sinn und Unsinn einer solchen Resolution gestritten. Warum muss ein solches Gremium über Selbstverständlichkeiten diskutieren? Wir haben sicherlich wichtigere Themen im Stadtteil zu besetzen. Daher ist es völlig richtig, so einen Antrag abzulehnen. Nur leider reichten die Mehrheitsverhältnisse nicht dafür, dieses Politikgezänk gleich ganz zu den Akten zu legen. Jetzt steht es bei der nächsten Sitzung wieder auf der Tagesordnung. Wieder wird Zeit dafür verschwendet, in der man sich mit wichtigeren Themen beschäftigen könnte.

Das Schöne in Linden ist doch, dass jeder seine Meinung haben und diese auch vehement vertreten kann. Wenn also die Kampagne AHOI noch ein Jugendzentrum braucht, ist das in Ordnung. Man wird sehen, ob es dafür genügend Unterstützer geben wird. In den Anfangstagen von FAUST hätte wohl auch keiner damit gerechnet, dass in Linden eines der größten, wenn nicht das größte alternative Zentrum der Stadt entsteht.