Niederflur für die Linie 10 ist wirtschaftlicher

Stellungnahme des Bündnisses „Zukunft-Stadtbahn“ zum Netzausbau

In der Diskussion, ob in der Region Hannover das zukunftsfähige Niederflur-Stadtbahnsystem eingeführt werden soll, wird in den letzten Wochen die Wirtschaftlichkeit der Niederflurlösung bezweifelt. Dabei wird ein wesentlicher Punkt bisher vernachlässigt: Die Fahrgast- und Einnahmeverluste bei einer Hochflurlösung.

Wenn in der Limmerstraße Hochbahnsteige angelegt werden sollen, müssen die Haltestellen verlegt werden. Die Haltestelle Küchengarten würde auf eine freie Fläche an der Spinnereistraße außerhalb der Limmerstraße verlegt. Die Haltestelle Leinaustraße würde Richtung Freizeitheim an die Pfarrlandstraße verschoben. Der Abstand zwischen den Haltestellen wächst, die Erschließung von Linden-Nord wird durch diese Verlegungen erheblich verschlechtert. Durch die Verlegung sind Fahrgast- und damit Fahrgeldverluste zu erwarten.

Dr.-Ing. Dieter Apel vom VCD hat diese Verluste nach verkehrswissenschaftlichen Methoden ermittelt. Nur bis ca. 300 Meter Fußwegentfernung (nicht Luftlinienentfernung) zur Haltestelle werden Bahnen und Busse in hohem Maß genutzt. Bei größeren Entfernungen fällt die Nutzungsintensität stark ab.

Das Ergebnis: Von den jährlich 4,2 Mio. Fahrgästen der sehr stark genutzten Haltestellen Küchengarten und Leinaustraße würden mindestens 10 bis 15 %  bei einer Verlegung der Haltestellen vom öffentlichen Verkehr abwandern. Bei einem durchschnittlichen Erlös je Fahrgast von 1,- bis 1,20 Euro ist allein daraus mit einem jährlichen Erlösverlust für die Üstra bzw. die Region Hannover von mindestens 420 000 Euro bis zu 750 000 Euro zu rechnen.

Die Niederflur-Haltestelle am Küchengarten kann dagegen zweifelsfrei in ihrer heutigen attraktiven Lage bleiben. Bei der Haltestelle Leinaustraße als Niederflur-Station bezweifelt die Regionsverwaltung, dass sie am heutigen Standort bleiben kann, weil sich dort  Einfahrten befinden. Nach Prüfung vor Ort sind wir jedoch überzeugt, dass auch für diese Niederflur-Haltestelle in heutiger Lage eine Lösung gefunden werden kann, bei der die Einfahrten, rechtssicher und bedarfsgerecht erhalten werden.

Auch die Haltestelle Ungerstraße würde im Fall „Hochflur“ in eine unattraktive Randlage Lindens rücken und dadurch Fahrgäste verlieren.

Entlang der gesamten Strecke kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Hochbahnsteige können nur an den Enden über Treppen und Rampen erreicht werden, Niederflurhaltestellen dagegen auf voller Länge. Es entstehen in der Hochflur-Variante für viele Fahrgäste noch einmal Umwege.

Das gilt insbesondere für Mobilitätseingeschränkte. Sie können die Hochbahnsteige nur an der einen mit einer Rampe ausgestatteten Seite betreten. Kommen sie aus der entgegen gesetzten Richtung, entsteht ein zusätzlicher Umweg von ca. 70 Metern. Außerdem müssen sie 82 cm Höhenunterschied überwinden.

Die Einrichtung von Hochbahnsteigen an der gesamten Linie 10 führt zu mehr Umwegen, die den Fahrgast- und Fahrgeldverlust somit weiter erhöhen.

Niederflur-Haltestellen sind dagegen städtebaulich weitgehend problemlos anzulegen und wesentlich kostengünstiger zu bauen und zu unterhalten als Hochbahnsteige. Deshalb sind wir mit Prof. Meyfahrt der Meinung, dass berechnet werden muss, was es bringt in der Niederflurlösung die heutige Haltestelle Clevertor zu erhalten. Auch in der Kurt-Schumacher-Straße kann an der Herschelstraße in Abstimmung mit dem Einzelhandel eine zusätzliche attraktive Haltestelle angelegt werden. Wie Meyfahrt glauben wir, dass diese Haltestellen zusätzliche Fahrgäste und finanziellen Nutzen bringen können.

Die deutlich höheren Fahrgastzahlen und Erlöse der Niederflurvariante lassen auch ohne mögliche Netzerweiterung bereits erwarten: Niederflur ist auf der Linie 10 betriebswirtschaftlich überlegen!

Prof. Meyfahrt weist aber zu Recht noch zusätzlich darauf hin:

Für die Förderfähigkeit eines Projektes ist die volkswirtschaftliche Bewertung („Kosten-Nutzen-Analyse“), nicht das betriebswirtschaftliche Ergebnis maßgeblich.

Die Fahrgastzahlen schlagen aber in der volkswirtschaftlichen Bewertung noch wesentlich stärker zu Buche als in den Einnahmen der Üstra. Das liegt daran, dass ein Teil der verlorenen Fahrgäste statt der Bahn das Auto nutzen würde und die zusätzlichen Abgase, Lärm und Unfallrisiken in die Bewertung einfließen.

Daraus wird deutlich:  Bei einer vergleichenden volkswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Analyse Hochflur / Niederflur wird die Niederflurlösung klar überlegen sein.

Allein durch optimierte Haltestellenplanung lassen sich bereits die aus unserer Sicht überhöht veranschlagten Mehrkosten für die Einführung eines neuen Niederflur-Stadtbahnsystems aus der Vorlage der Arbeitsgruppe zum Systemvergleich mehr als ausgleichen.

Professor Meyfahrt stellt dazu heraus, dass sich die geringe Differenz der Unterhaltungskosten von Schienen und Fahrzeugen bei Hochflur oder Niederflur ohnehin in den standardisierten Ansätzen einer Kosten-Nutzen-Untersuchung kaum abbilden lasse. Damit würden die Vorteile durch die nur bei Niederflur mögliche optimierte Haltestellenplanung und den dabei immer möglichen kostengünstigeren Ausbau ohne teure Mittelbahnsteige noch stärker zum Tragen kommen.

Deshalb dürfte das Land nach einem solchen, differenziert vorgenommenen Vergleich nur die Niederflur-Lösung fördern.

Für das Bündnis „Zukunft-Stadtbahn“,

  • VCD    Dr.-Ing. Cay Lienau,
  • BIU      Dr. Thomas Schwartz,
  • SRL     Dipl.Ing. Karin Kellner

Und Einzelpersonen wie

Dr. Dieter Apel (Stadt- u. Verkehrsplaner), Dr. Rudolf Menke (Verkehrsplaner), Prof. Dr. Eckart Güldenberg (Stadt- und Regionalplaner), Dr. Daniel Gardemin (Sozialwissenschaftler), Ernst Barkhoff (ehem. Ratsherr), Sonja Eick (ehem. Bezirksbürgermeisterin im Stadtbezirk Mitte)

www.zukunft-stadtbahn.de