Neue Hausbesetzung in Linden am Ihmeplatz

Gestern Abend gegen 21:30 Uhr wurde ein Ladengeschäft im Ihme-Zentrum am Ihmeplatz 8 besetzt.

Die Besetzer wollen damit ihre Solidarität mit dem geräumten Kulturzentrum Kukutza in Bilbao zeigen.

In den nächsten Tagen soll es wieder eine Volksküche, Film- und Kulturprogramm geben. Die Aktion steht im Zusammenhang mit der Kampagne Ahoi, die vor drei Monaten aus einer 5 Tage andauernden Besetzungsaktion der Limmerstraße 98 hervorgegangen ist. Ziel der Kampagne ist, Gentrifizierungsprozesse sichtbar und angreifbar zu machen und ein autonomes Stadtteilzentrum für Linden zu erkämpfen!

Folgender Text wurde an die Anwohner_innen verteilt:

Am Morgen des 21.9 wurde das seit 13 Jahren besetzte Stadtteil- und Kulturzentrum Kukutza in Bilbao (Spanien) geräumt

Heute Abend gegen 21:30 wurde ein Ladengeschäft am Ihmeplatz 8 in Hannover besetzt. Wir wollen uns mit dieser Aktion solidarisch mit den Menschen zeigen, für die dieses Zentrum über Jahre hinweg von großer Bedeutung war. Das Kukutza war tief im Stadtteil verwurzelt.

Regelmäßig fanden dort Nachbarschaftsessen, Kulturveranstaltungen sowie Sprach- und Tanzkurse statt. Auch für Kinder bot es zahlreiche Möglichkeiten. Viel von dem, das in über einem Jahrzehnt gemeinsam erarbeitet wurde, ist jetzt verloren.

Die Polizei ging bei dem Angriff auf das Kukutza mit äußerst brutalen Mitteln vor. So wurde mit Gummischrot auf sich versammelnde Menschen geschossen, was zum Teil zu schweren Verletzungen führte. Immer wieder fanden sich Anwohner_innen zu spontanen Demonstrationen zusammen, um gegen die Räumung zu protestieren.

Das Haus soll nun abgerissen werden. Der neue Eigentümer plant dort Wohnraum zu schaffen, obwohl es in Bilbao derzeit einen Leerstand von etwa 2000 Wohnungen gibt.

Wir sind wütend und betroffen, gerade weil wir wissen, dass der Angriff auf das Kukutza kein Einzelfall ist. Diese Räumung steht im Zusammenhang mit Umstrukturierungsprozessen, die in vielen größeren Städten weltweit zu beobachten sind: Unkommerziell genutzte Räume verschwinden, Wohnraum, der für alle bezahlbar ist, wird knapp und öffentliche Einrichtungen werden zunehmend privatisiert. Die Entwicklung der Städte orientiert sich nicht an den Bedürfnissen ihrer Bewohner_innen, sondern folgt einer Profitlogik, die für die allermeisten eine Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen bedeutet.

Diese Prozesse, die auch in Hannover und insbesondere im Stadtteil Linden wahrnehmbar sind, werden wir nicht hinnehmen. Dass Menschen nach Jahrzehnten aus ihren Wohnungen vertrieben werden, ist kein Einzelfall. Immer wieder wird ehemals preiswerter Wohnraum saniert und in teure Eigentumswohnungen verwandelt. Ein Beispiel dafür ist das Hinterhaus in der Limmerstraße 56: Dort nahm sich ein Bewohner, der auf Druck des Investors nach Jahrzehnten seine Wohnung verlassen sollte, das Leben. Und genau diese Investmentfirma plant nun, die kleinen Geschäfte an der Limmerstraße 3-5 (z.B. Radio Menzel, Falafel Habibi) rauszuschmeißen und durch einen Discounter zu ersetzen.

Das gesamte Stadtbild verändert sich in Linden seit Jahren schleichend. Einerseits entstehen immer mehr teure Läden und schicke Cafés, nach denen niemand gefragt hat und andererseits geraten öffentliche und soziale Einrichtungen unter großen Druck. Die geplante Schließung der Stadtbibliothek an der Limmerstraße ist da nur ein Beispiel.

Mit unserer Besetzung soll dauerhaft ein unkommerzieller Ort geschaffen werden, an dem sich Menschen gegen innerstädtische Verdrängungsprozesse organisieren können.

Die Forderung nach einem Stadtteilzentrum in Linden ist jedoch nicht neu. Bereits vor drei Monaten wurde das vom Abriss bedrohte Gebäude Limmerstraße 98 besetzt. Die Räumung erfolgte nach 5 Tagen. Doch damit war es nicht zu Ende: Die Kampagne Ahoi entstand und ist seitdem durch einige Aktionen in die Öffentlichkeit getreten – z.B. durch Straßenfeste, einen Rave und auf dem Limmerstraßenfest.

Mit der heutigen Aktion wollen wir vor allem eines deutlich machen: Räumungen von selbstverwalteten Zentren, egal an welchem Ort, werden nicht einfach hingenommen und im besten Fall folgen auf eine

Räumung 100 Neubesetzungen.

Während den Tagen der Besetzung wird es Essen zum Selbstkostenpreis geben, Filme werden gezeigt und ein kleines Kulturprogramm ist in Planung.

Freundinnen und Freunde des „Kukutza III Gaztetxea“ und der „Kampagne Ahoi! Für ein autonomes Stadteilzentrum in Linden“

Mehr unter: https://kampagneahoi.wordpress.com